Sendling:Unter Kommerzverdacht

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Am Zuschussantrag für einen Sendling-Film entzündet sich eine Grundsatzdiskussion über die Vergabekriterien

"Die Dokumacher Film- und Medienproduktion" macht einen Film über "Sendling - Wo man leben könnte". Er soll im Rahmen der Stadtteilwoche am 14. Juni Premiere haben und auch als DVD verkauft werden. Das finden sie im Prinzip gut im Sendlinger Bezirksausschuss. Doch dass der Journalist Reinhold Rühl dafür aus dem Budget des Gremiums einen Zuschuss in Höhe von 2880 Euro wollte, darüber gingen die Meinungen dann doch weit auseinander. Der Unterausschuss hatte als Kompromiss die Halbierung des gewünschten Betrags beschlossen, doch im Plenum war die Diskussion dann erneut freigegeben worden. Denn auch innerhalb der Fraktionen war dieser Antrag sehr kontrovers besprochen worden.

Doppelt Grund für Bauchschmerzen bei der "Dokumacher Film- und Medienproduktion" sah SPD-Fraktionssprecher Ernst Dill. Ein Blick in die Bezirksausschuss-Satzung zeige deutlich, dass das Budget da sei für Vereine und Verbände im Viertel, nicht aber für ein kommerzielles Unternehmen, das mit seiner Arbeit Geld verdienen wolle. "Nur weil er Sendling drauf schreibt, gibt es doch aus unserem Budget keine Kohle", fasste Dill seinen Standpunkt zusammen. Außerdem stehe in der Ankündigung der Satz "Sendling, der Stadtteil, der sich immer noch weigert, das seit Jahren proklamierte Szeneviertel zu werden" - für den Fraktionssprecher ein Hinweis, dass da einer mit filmischen Mitteln der Gentrifizierung Vorschub leisten wolle. Doch Dill bekam Contra auch aus der eigenen Fraktion: Der Bezirksausschuss frage sich bei manchem Antrag, wo denn der Sendling-Bezug sei: Hier endlich sei er offensichtlich. Das werde ein zeitgeschichtliches Dokument, das sich freilich außerhalb Sendlings nicht viele ansehen werden. Die ersten, dem BA gezeigten Szenen seien wirklich beeindruckend gewesen. Auch die Grünen stimmten mit ein: Der Film werde verwunschene Ecken von Sendling zeigen, die man nicht so kenne. Die Anspielung aufs Szeneviertel sei sicher nicht so gemeint gewesen. Das werde kein Reklamefilm, eher ein sehr liebevoller. Würde man einen solchen Streifen in Auftrag geben, kostete das mehr als das ganze Jahresbudget. Andere Viertel würden sich "die Finger danach ablecken", hieß es. Im Übrigen habe der Bezirksausschuss auch schon Buchprojekte übers Viertel unterstützt - mit denen die Autoren auch Geld verdienten. Dill jedoch blieb dabei: Jeder Fan könne sich die DVD ja kaufen.

Holger Graeske (FDP) fand die Argumente beider Seiten bedenkenswert. Da könne es nur eines geben, einen Kompromiss. Eine knappe Mehrheit stimmte schließlich für etwas mehr als die Hälfte, für einen Zuschuss von 2000 Euro.

© SZ vom 08.04.2015 / re - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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