Sendling:Riesiger Riegel

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Die Industria-Wohnen will auf dem 2,8 Hektar großen Areal hinter der Harras-Post an die 200 Appartements bauen. Auch eine Kita, ein Gemeinschaftsraum und "nicht störende" Gewerbeflächen sind geplant. Baubeginn ist 2018

Von Birgit Lotze, Sendling

Eineinhalb Jahre war es ruhig um das Baupläne der Industria an der Plinganserstraße. Kurz vor Weihnachten wurde der Architektenwettbewerb entschieden. Die Eigentümerin, heute eine Kapitalanlagegesellschaft, hat bereits die Anwohner über das neue Konzept informiert. Fest steht jetzt schon: Baubeginn ist nicht, wie beabsichtigt, spätestens im Frühsommer dieses Jahres, sondern frühestens Anfang 2018. "Das wäre die schnellste Lösung", sagte Andreas Jakobi, Vermögensverwalter für die Industria Wohnen.

Es geht um eine Verdichtung des Areals hinter der Harras-Post - um den 2,8 Hektar großen Block zwischen Plinganser- und Karwendelstraße bis zur Dudenstraße. Derzeit stehen dort zwei mal vier Wohngebäude aus den Sechzigerjahren, vorne zur Plinganser- und parallel zum Harras zur Post schließen sich flachere Geschäfts- und Lagerhäuser und Handwerksbetriebe an. Die Eigentümerin will die Wohnfläche auf dem Areal von 27 600 auf 48 700 Quadratmeter beinahe verdoppeln und rund 200 Ein- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen bauen.

Von außen sichtbar wird dies vor allem an der Plinganserstraße: Die meist einstöckigen Geschäfts- und Lagergebäude zwischen Post und Dudenstraße sollen abgerissen und durch einen Riegel mit Wohnungen ersetzt werden. Auch das verwunschen wirkende Gebäude mit der Hausnummer 50 nahe der Harras-Post ist dabei. Etwa dort, nach hinten versetzt, soll ein zweiter Neubau zwischen Plinganser- und Karwendelstraße hochwachsen. Die derzeit von Handwerkern und als Lagerräume genutzten Gebäude werden ebenfalls abgerissen. An ihrer Stelle soll begrünt und ein öffentlicher Weg angelegt werden.

Neue Aussichten in Sendling könnten sich in einigen Jahren an der Plinganserstraße zwischen Harras und Dudenstraße bieten. (Foto: oh)

200 neue Wohnungen, eine Kita, ein Gemeinschaftsraum und ein paar kleine, nicht störende Gewerbeflächen - eventuell eine Bäckerei und eine Praxis - das ist der zusätzliche Bestand, der auf dem Areal Platz finden soll, fasst Herbert Elfers des Darmstädter Architektur- und Planungsbüro Planquadrat, die den Wettbewerb für sich entschieden haben, zusammen. Der Entwurf konzentriert die öffentlichen Bereiche - das Gewerbe und den Gemeinschaftsraum - bewusst nach außen an das Nordende an den geplanten öffentlichen Weg. Der neue Wohnraum entsteht vor allem in den zwei Neubauten, auch die vier bestehenden vierstöckigen Quergebäude sollen um ein Geschoss aufgestockt werden. Den Kindergarten haben die Darmstädter Architekten an den Sendlinger Friedhof an die Ecke Karwendel- und Dudenstraße, gesetzt. Die Randlage bei dem kleinen Wäldchen sei für die Kinder besser, sagt Elfers. Und wenn die Kinder, anders als beabsichtigt, nicht inmitten des Wohngebiets ihre Spielfläche hätten, könne das zum Wohnfrieden beitragen.

Die Architekten haben nicht ganz die ursprünglichen Pläne ausgenutzt, die einen sechsgeschossigen Komplex an der Plinganserstraße vorsahen. Vielmehr wollen sie das Postgebäude "im maßstäblichen Duktus aufnehmen" - also in etwa auf dieser Höhe und fünfstöckig bleiben. Vereinzelt sollen Dachgeschosswohnungen und Terrassen aufgesetzt werden. Die Gartengestaltung im Innenhof des Gesamtkomplexes soll sich laut den Planern, die auch Landschaftsarchitekten im Team haben, an den Lücken zwischen den vier bestehenden neunstöckigen Häusern an der Karwendelstraße orientieren. Diese werden als Wege durch den Innenhof zum neuen Komplex durch Torbögen zur Plinganserstraße fortgeführt. Von der Idee, einen Nahversorger einzuplanen, ist man inzwischen abgekommen. Das könne eng werden. Geruchsbelästigung, Lärm und ein Mangel an Stellplätzen könne "zu Störungen" führen, wie ein Vertreter des Planungsreferats anmerkte. Die neuen Tiefgaragenstellplätze sind im Nordteil konzentriert unter den Neubauten.

Auf die derzeitigen Anlieger kommen Bauarbeiten über eine Dauer von eineinhalb Jahren zu, schätzt der Eigentümer. 16 Mieterfamilien wird es noch härter treffen. Sie wohnen am Ostende der vierstöckigen Querbauten, diese Wände sollen an den Neubau-Riegel angebunden werden. Die Wohnungen verlieren ihre Fenster im Schlafzimmer, im Kinderzimmer und im Bad. Die Architekten gaben sich bei ihrer Präsentation optimistisch, zumindest in die Zimmer könne man durch neue Fenster Licht hineinbringen. Die Bäder müssen künftig mit künstlicher Beleuchtung auskommen.

Vor allem entlang der Plinganserstraße im Osten und südlich der Post am Harras im Norden des Areals sollen neue Wohnungen entstehen. (Foto: oh)

Wie auch bei früheren Info-Abenden äußerten die Anwohner auch diesmal, wenn auch verhaltener, Kritik am Vermieter: Sie sprachen von überladenen Müll-Containern, Wasserflecken und Schimmel an den Decken, von Rissen in den Wänden. Sie wünschen sich angesichts der auf sie zukommenden Belastungen Verbesserungen an den bestehenden Mietshäusern, fürchten allerdings übermäßig hohe Umlagen auf ihre Miete. Ernst Dill, der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bezirksausschuss Sendling, empfahl ihnen dringend, sich zu koordinieren und sich in die Pläne und anstehenden Baumaßnahmen einzuarbeiten. "Erst wenn Sie wissen, was auf Sie zukommt, können Sie Modernisierungen und Mietminderungen vereinbaren."

Alle Wettbewerbsbeiträge können im Referat für Stadtplanung an der Blumenstraße 28b von 4. bis 17. Februar montags bis freitags von 6.30 bis 18 Uhr besichtigt werden. Am Mittwoch, 3. Februar, um 18 Uhr wird die Ausstellung durch Stadtdirektorin Susanne Ritter eröffnet.

© SZ vom 21.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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