Sendling:Drehend ins Glück

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Herzen im Gleichtakt: Tanzlehrer Jury Piotrovsky weiß, wie's geht. (Foto: Hess)

Seit 20 Jahren gibt Jury Piotrovsky Tanzkurse im Begegnungszentrum Sendling - und hat so manche Ehe gestiftet

Von Claudia Wessel, Sendling

Ganz wichtig ist der Kreistanz mit Partnerwechsel. Man macht den normalen Walzerschritt, dann kommt ein Kommando von Tanzlehrer Jury Piotrovsky, die Paare lassen sich los und jeder schwebt quasi weiter zur nächsten Person. Es folgt eine lange gemeinsame Drehung, die große Chance für die Männer. "Ich sage ihnen immer, das ist die Gelegenheit, nach dem Namen der Dame zu fragen. Und am besten überreicht man ihr dann eine Visitenkarte", lacht der Russe, der seit 1997 in verschiedenen Freizeitstätten und Kulturzentren einmal in der Woche Tanzunterricht gibt. Die Bilanz gibt ihm recht: "In den 20 Jahren war ich auf 15 Hochzeiten eingeladen." Alles Paare, die sich in seinem Tanzkurs kennengelernt haben.

An diesem Samstagvormittag sind wieder zahlreiche Frauen und Männer in dem Saal versammelt. Von draußen erklingen Kindergeschrei und Stimmen aller Art von den zahlreichen jungen und älteren Besuchern des Spiel- und Begegnungszentrums Sendling, das der Kreisjugendring an der Danklstraße 34 betreibt. Seit rund zehn Jahren findet Jurys Kurs dort statt, und er ist eine Gelegenheit für spontane Menschen. Ohne Anmeldung kann man jeden Samstag von 11 bis 12.30 Uhr für fünf Euro teilnehmen, ob Anfänger oder Fortgeschrittene. Ist ein Mann zu wenig da, springt der Tanzlehrer ein. Auch wenn zu viele Männer da sind, ist es kein Problem, denn wie gesagt, es wird ohnehin immer wieder der Partner gewechselt.

Jury Piotrovsky hat bereits in seiner Heimat Russland das Tanzen erlernt. 1992 kam er nach München, und das erste deutsche Wort, das er lernte, war Tanzschule. Denn dorthin führte natürlich sein erster Weg. Dass er anfangs noch wenig Deutsch konnte, war kein Problem. "Beim Tanzen zählt die Körpersprache", sagt er. Übrigens verdankt auch er sein eigenes Glück dem Tanzen - kein Wunder also, dass er dafür gerne Werbung macht. Er lernte seine Frau, eine Amerikanerin, gleich bei den ersten Schritten in der Tanzschule im Deutschen Theater kennen. Sie leben noch heute zusammen, die Frau kann jedoch aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr tanzen. "Zum Glück ist sie keine Russin", lacht Piotrovsky, "denn dann dürfte ich sicher nicht alleine tanzen gehen". Als Amerikanerin aber hat sie "ein anderes Weltbild", freut sich der Tanzbegeisterte: "Sie sagt allerdings immer, wenn ich aus dem Hause gehe, ,sei brav!' "

Natürlich ist er absolut brav, bringt den Schülerinnen und Schülern nichts anderes als die richtigen Schritte bei. An diesem Vormittag übrigens will es der Zufall, dass er den Unterricht in russischer Sprache halten kann, alle Anwesenden sind Russen. "Doch das ist an jedem Samstag anders", erzählt Jury Piotrovsky.

Die große Feier zum 20-Jährigen findet am Samstag, 11. März, von 11 Uhr an statt. Der Tanzkurs ist an diesem Tag kostenlos, im Anschluss gibt es Tee und Kekse. Das Begegnungszentrum schließt um 14 Uhr, doch bei gutem Wetter ist dann noch lange nicht Schluss: Unter freiem Himmel wird weiter getanzt, jeder kann gerne sein eigenes Picknick mitbringen.

© SZ vom 07.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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