Schwanthalerhöhe:Heiße Bilder

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Erst der Denkmalschutz, dann vermeintliche Brandgefahr: Schüler der Bergmannschule dürfen ihre Kunst nicht aufhängen

Von andrea Schlaier, Schwanthalerhöhe

Wenn es mit der Pädagogen-Karriere nichts geworden wäre, als Kabarettist hätte es Friedrich Fichtner vermutlich auch zu was gebracht. Im voll besetzten Hinterzimmer des Bürgerheimes hüpfte der hoch gewachsene, schlanke 62-Jährige während der Bezirksausschusssitzung von Tisch zu Tisch, tanzte seine Pointen mit wedelnden Armen geradezu vor und streute sie gleichzeitig in schönstem Bairisch unters Volk. Dass das, was der Rektor der Grundschule an der Bergmannstraße an diesem Abend zu erzählen hat, lachhaft ist, unterstützte die Performance freilich.

Es geht um 2,50 auf 1,50 Meter große Bilder, 20 an der Zahl, die seine Schüler für das 125-jährige Bestehen der Grundschule im Sommer gemalt haben. Eigentlich sollten die Kunstwerke als Verschönerung der verwitterten Außenmauer der Schule zur Straße hin aufgehängt werden; schließlich nehmen die Motive Bezug aufs Viertel. Doch die Schule hatte ihre Rechnung ohne den Denkmalschutz gemacht, denn: Als alles fix und fertig war, verwies die Behörde darauf, dass die heruntergekommene Schulmauer unter Denkmalschutz steht und nicht angerührt werden dürfe. Das ungläubige, zugleich bittere Gelächter im Viertel muss bis ins Rathaus zu hören gewesen sein.

Inzwischen haben Schüler und Lehrer einen anderen passenden Platz für die prächtigen Tafeln gefunden: die hohen, weißen Flure des 1891 erbauten Hauses. "Jemand hat g'sagt", intoniert Fichtner vor den Versammelten im Bürgerheim, "des kannst ned einfach aufhängen. Die müssen F30 sein, brauchen also einen Rahmen, der 30 Minuten Brand aushält." Also hat er den Glas-Schutz für gut 1300 Euro pro Bild besorgt . "Jetzt ist Folgendes passiert", tanzt der Rektor mit erhobenem Finger an den nächsten Tisch, "schickt mir die Stadt eine Nachricht: Die darfst nicht hinhängen, weil du keine feuerfesten Garderobenschränke hast!" Doch die hat der Pädagoge bereits vor sechs Jahren bestellt, sie aber trotz zigfacher Nachfrage nie bekommen. Ein Aberwitz findet während der Sitzung des Bezirksausschusses nicht nur Fichtner, dass ihm aus dem Versäumnis der Verwaltung jetzt ein Strick gedreht werden soll.

"Das klingt nach Erpressung durch den Brandschutz", befeuerte CSU-Sprecher Thomas Hofstätter die Diskussion und verwies auf den bereits gestellten Stadtrats-Antrag seiner Fraktion, feuerfeste Garderobenschränke an die Bergmannstraße zu liefern, samt der Erlaubnis, dass die Kinder-Kunst aufgehängt werden darf. SPD-Stadträtin Ulrike Boesser pflichtete bei: "Der Brandschutz ist nicht die Lösung, sondern die Ursache des Problems." Von allen Seiten erntete der Rektor Unterstützungsbeifall.

Weil in Fichtner eben auch ein Kabarettist schlummert, setzte er im Schluss-Appell an sein politisches Publikum auf Subversion: "Lassen Sie Unbürokratismus herrschen, damit wir feuerfeste Garderobenschränke bekommen und die Bilder aufhängen können."

© SZ vom 24.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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