Schwanthalerhöhe:Am seidenen Faden

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Gemütlich: Schüler haben die Mauer des Pausenhofes verschönert. (Foto: Catherina Hess)

Friedrich Fichtner, Rektor der Grundschule an der Bergmannstraße, sieht sein "Traumprojekt" in Gefahr. Für den ersten Ganztageszug seiner Schule und des gesamten Viertels reicht das vorhandene Geld nicht aus

Von Andrea Schlaier, Schwanthalerhöhe

Friedrich Fichtner hält es nicht lange auf seinem Stuhl. Der drahtige Mann, dem von der hohen Stirn die angegrauten Haare bis zur Schulter fallen, springt auf, als er an der Reihe ist. Seine Arme rudern, noch bevor es ihnen seine Worte nachtun können. Der Rektor der Grundschule an der Bergmannstraße ist in Not, was sein "Traumprojekt" angeht - den ersten Ganztageszug seiner Schule und des gesamten Viertels. Wieder einmal, muss man sagen. Kurz vor dem Start der Neuerung im vergangenen Herbst hing der pädagogische Neuanfang schon einmal am seidenen Faden. Es fehlte an geeigneten Räumlichkeiten für den gebundenen Ganztag, dessen Konzept einen stetigen Wechsel zwischen Unterricht, alternativen pädagogischen Angeboten und Ruhephasen vorsieht. Das Problem ließ sich lösen. Von Herbst an soll eine weitere Klasse in den Genuss des Ganztags kommen. Nur: "Völlig überraschend", sagt Fichtner, habe nun der externe Partner für die pädagogischen Zusatzangebote seinen Ausstieg angekündigt, Ersatz für nun zwei Klassen habe sich nur sehr schwer finden lassen, und für den reiche nun das Geld nicht.

Vor den Mitgliedern des Bezirksausschusses (BA) Schwanthalerhöhe schildert Fichtner den mühseligen Kampf um Ressourcen und Geld, der von einem Schulleiter nicht nur ein hohes Maß an Engagement, sondern auch Managementqualitäten verlangt. 22 000 Euro habe man jährlich für beide Klassen zur Verfügung, um das externe Programm und die dazugehörigen Fachleute zu bezahlen. Als man sich auf die Suche nach einem neuen Partner gemacht habe, "waren wir gezwungen, nicht den zu nehmen, der uns am besten gefallen hat, sondern den, der am billigsten war". Man habe schon einen gewissen Anspruch; schließlich wolle man ein Erfolgsmodell starten "und nicht nur die Kinder von der Straße weghaben. Da könnten wir sie nämlich billiger in den Hort stecken."

Jedenfalls hat der Rektor nun einen neuen, vielversprechenden Kontakt - den bisherigen Partner, das Kinder- und Jugendhilfeprojekt "Artists for Kids" - auf dem Weg dorthin verloren. Dort wolle man sich nicht weiter im Ganztag engagieren, so Fichtner. Weil aber der vermeintlich neue Kooperationspartner für 22 000 Euro nicht alles abdecken könne, habe er, Fichtner, Kontakt mit dem Sportverein ESV München aufgenommen: "Die würden mit uns eine Kooperation eingehen, aber jetzt können wir die uns nicht leisten." Es fehle an 3500 Euro.

"Wir haben im Hintergrund schon alle Hebel in Bewegung gesetzt, städtische, staatliche Stellen bis hinauf ins Ministerium", signalisiert der stellvertretende Bezirksausschuss-Vorsitzende Thomas Hofstätter (CSU). Was man nicht verstehe: "Es kann immer mal sein, dass ein Träger ausfällt, dann muss es doch eine Lösung geben." Es könne nicht die Aufgabe des Bezirksausschusses sein, so Willi Mundigl (SPD), in einem solchen Fall Feuerwehr spielen zu müssen. Ein anwesender Vertreter des Referates für Bildung und Sport listete alle Posten nacheinander auf, die sein Haus als Sachaufwandsträger einer staatlichen Schule wie dieser leiste. Fazit: Die pädagogische Ausstattung sei Sache des Freistaates, und hier könne man nicht eingreifen. "Ich finde es traurig", so die Reaktion von Sarah Seeßlen (Grüne), "dass die Bergmannschule so allein gelassen wird".

Margot Degen, Koordinatorin für Ganztagsangebote bei der Regierung von Oberbayern, die ebenfalls bei der Sitzung zugegen war, will die Hoffnung noch nicht aufgeben. Es gebe noch verschiedene Töpfe, die sich möglicherweise anzapfen ließen, etwa über den Bayerischen Landes-Sportverband.

Alle Beteiligten, so der Auftrag der Bezirksausschuss-Politiker an die anwesenden Fachleute, sollen sich zusammen auf die Suche nach einer Lösung machen. "Im absoluten Ernstfall", verspricht Hofstätter dem Grundschulrektor, "werden wir sie nicht alleine lassen und für ein Jahr finanziell einspringen".

© SZ vom 16.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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