Schwanthalerhöhe:Alles im Fluss

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Am Wochenende stellen Kreative sich und ihre Arbeiten wieder bei den jährlichen Ateliertagen "Open Westend" aus

Von Andrea Schlaier, Schwanthalerhöhe

Auf Internationalität verstehen sie sich in der Schwanthalerhöhe. Hier werden seit Generationen kulturelle Erfahrungen offen und kreativ ausgetauscht - ein Drittel der Bewohner des Viertels hat ausländische Wurzeln. Diese muntere Börse beschäftigt von jeher auch die Künstler im Viertel. Entsprechend haben die Organisatoren der jährlichen Ateliertage Open Westend heuer ihr Event mit "Grenzenlos" überschrieben. Das bezieht sich natürlich nicht ausschließlich auf die Herkunft des bunten Volks, das in Münchens kleinstem Bezirk lebt, sondern selbstredend auch auf die Genres, die hier ineinanderfließen und an drei aufeinander folgenden Tagen dem geneigten Publikum gezeigt werden. Von Freitag, 11., bis Sonntag, 13. März, sind in Werkstätten und Läden, auf Plätzen und in Studios, Malerei, Bildhauerei, Installationen, Fotografie, Film und Video, Mode, Textiles, Schmuck und Sprachwitz zu bestaunen. Interessierte werden nach Wunsch auch auf choreografierte Spazierrouten geschickt. Das volle Programm lässt sich vorab schon mal erkunden unter www.openwestend.de, eine Auswahl hier:

Weil der Ursprung der christlichen Liturgie im gemeinsamen Gastmahl von Freunden liege, lädt Architekt und Bildhauer Andreas Eichlinger diesmal Flüchtlingsfamilien und Einheimische zum gemeinsamen Kochen in die Kirche St. Rupert, Gollierplatz 1, ein, inklusive "Abendmahl". Jeder ist gegen eine kleine Sach- oder Geldspende eingeladen, mitzutafeln und zu -schwafeln, Anmeldungen unter 0173/3 57 15 44. Fotojournalist Erol Gurian hat unter dem Titel "I wish" Flüchtlinge in München und Passau porträtiert und sie gebeten, handschriftlich in ihrer Muttersprache auf die Frage zu antworten, was sie sich für ihre Zukunft in Deutschland wünschen. Bilder und Texte gibt's in Gurians Atelier, Bergmannstraße 28. Hier zeigt auch Werkstattkollegin und Goldschmiedin Anna Eichlinger ihre Ringserie "Missing", und nebenbei klappert die Gedichtmaschine der Münchner Schreibakademie von Beatrix Mannell und Bettina Brömme.

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(Foto: oh)

Rote Tropfen aus Papier sind die "Passion" von Heike Schaefer.

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(Foto: privat)

Ineinander fließende Genres: Beiklers blaue Sehnsucht,...

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(Foto: Erol Gurian Photography; privat)

...Gurians Flüchlings-Porträts...

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(Foto: Erol Gurian; privat)

...und Eichlingers Ringserie "Missing".

"Passion" heißt die Gruppe aufgehängter Tropfen aus rotem Papier, die Heike Schaefer im Gewerbehof Gollierstraße 70, Aufgang C, erster Stock, zeigt. Sie arbeitet mit textilem Material und Papier. Ihre biomorphen Skulpturen entstehen parallel zur Natur, manche bleiben leicht und durchschaubar, andere verdichtet sie mit Gips und Erdpigmenten. Ebenfalls im Gewerbehof sitzt Sylvia Wiechmann am Webstuhl ihrer Damasthandweberei, wo bereits Nachwebungen von Reliquienbeuteln aus dem 13. Jahrhundert für das europäische Hansemuseum Lübeck entstanden.

"Ins Blaue" nennt Andrea Beikler ihre Bilder "zur Sehnsucht nach blauem Himmel, Unbeschwertheit und Grenzenlosigkeit". Vernissage ist am Freitag um 18 Uhr mit Musik von Titus Waldenfels im Strandkorb, Gollierstraße 39. Bemerkenswerte Fundstücke gibt's beim Maler und Grafikdesigner Markus Mitterer, der nach der Wiesn die vom Zeltaufbau übrig gebliebenen Holzpflöcke einsammelt und bemalt, zu sehen im Gewerbehof Gollierstraße 70, Aufgang B, erster Stock.

Auch Mascaroni-Figuren gibt es zu sehen. (Foto: oh)

Szenenwechsel am Samstag, 20 Uhr, wenn Designerin Monica Liebetanz im Salon Jasmin Kohlmayer, Schießstättstraße 18, ihre Fashion-Show zeigt - darunter eine Retrospektive aus Teilen der Moma-Li-Design-Kollektionen der verganenen 15 Jahre.

Könnte sein, dass man sich im Rausch wähnt, wenn einem nach dem weitschweifigen Bummel auch noch eigenwillige "Mascaroni" unverhofft vor die Füße laufen und merkwürdige Anweisungen von sich geben. Keine Sorge. Die wollen nur auf den Auslöser drücken und auf die Kamera-Platte bannen, wer sich in ihrem Viertel so tummelt. Die beiden ziehen am Samstag, 15.30 bis 17 Uhr, und am Sonntag, 15.30 bis 17 Uhr, durchs Westend.

© SZ vom 07.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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