S-Bahn München:Viel Rabatt, wenig Leistung

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Der Bahnstreik ist vorerst beendet. Dabei braucht es doch gar keine Lokführer, um S-Bahnen ausfallen zu lassen. Pendler wissen: Man darf einfach nicht zu viel erwarten.

Eine Kolumne von Stefan Simon

Bei einem Rabatt in dieser Höhe hätte man von vorneherein misstrauisch sein sollen. 21 Prozent, dafür bekommt man in der Regel: Auslaufmodelle und B-Ware, Vorführgeräte, Jahreswagen und jede Menge andere gebrauchte Sachen. Mit Abnutzungsspuren, aber in gutem Zustand und vollkommen funktionsfähig, heißt das dann zum Beispiel beim Internet-Auktionshaus Ebay. Wobei nicht immer sicher ist, dass das, was man hinterher als Käufer in den Händen hält, mit dieser Zustandsdefinition auch mithalten kann. 21 Prozent Rabatt, dafür bekommt man aber auch: ein Jahresticket für die Münchner S-Bahn. Und da stimmt zumindest die Sache mit den Abnutzungsspuren.

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Jeder Pendler weiß: Der Zustand und die Funktionsfähigkeit des S-Bahn-Netzes und der eingesetzten Züge sind über jeden Verdacht erhaben. Über jeden Verdacht, sie könnten einwandfrei funktionieren. Münchner Fahrgäste quittierten die Nachricht, dass es im Tarifstreit zwischen den Lokführern und der Bahn nun doch zu einer Einigung kommen würde, mit Unverständnis.

Selten fuhr die S-Bahn so pünktlich wie während des Streiks

Schön, dass die Damen und Herren vorne in der Fahrerkabine künftig mehr Geld verdienen, es sei ihnen wirklich von Herzen gegönnt. Andererseits ist die S-Bahn aber gar nicht auf Lokführer angewiesen. Selten fuhr die S-Bahn dieses Jahr im Berufsverkehr so pünktlich wie während des Lokführerstreiks. Und mal ehrlich: Wenn es nur um das Ausfallenlassen von Zügen geht, dann gibt es schließlich auch noch genügend gestörte Weichen, Signale und Personen im Gleis.

Wer 21 Prozent Rabatt bekommt, der muss eben damit rechnen, dass er dafür auch nur 79 Prozent Leistung erhält. Reklamation zwecklos. In den nächsten Monaten legt die S-Bahn zahlreiche Linien in Münchner Umland zum Teil wochenlang still, angeblich wegen Bauarbeiten und angeblich, weil hinterher alles besser wird. Wenn nicht, dann sollten vielleicht mal die Fahrgäste streiken.

© SZ vom 22.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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