Restaurant Rilano Nr. 6:Einsam im Palast

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Den Charme des Palais Bernheim macht seine Innenarchitektur aus: Bodenfliesen im Schachbrettmuster, Raumhöhen wie in einem Schloss. (Foto: Catherina Hess)

Schlossartige Räume, Bodenfliesen im Schachbrettmuster und in der Mitte eine Discokugel: Im denkmalgeschützten Palais Bernheimer buhlt das Rilano Nr. 6 mit einer anspruchsvollen Karte um genuss- und feierwillige Gäste. Doch der große Ansturm bleibt aus.

Von Paula Morandell

Dieser Text ist leider veraltet, das Restaurant gibt es inzwischen nicht mehr.

Das Palais Bernheimer ist ein Ort mit Geschichte, die bis in die Münchner Gegenwart reicht. Als sich Lehmann Bernheimer, Sohn eines jüdischen Messehändlers aus dem Schwäbischen, in den 1880er Jahren das prunkvolle Herrenhaus am Lenbachplatz errichten ließ, hatte er als Geschäftsmann alles erreicht: Ernannt zum königlich bayerischen Hoflieferanten und Kommerzienrat, internationale Kunden aus Hochadel und Großbürgertum kauften seine Antiquitäten, Teppiche, Möbel.

Bis heute gehören Lehmann Bernheimers Nachfahren zu den wichtigsten Kunsthändlern der Stadt. Auch für die gastronomische Nutzung des neubarocken Anwesens mit Turm und Fassadenschmuck gibt es auf indirekte Weise historische Bezüge: Ein besonders wohlhabender Klient soll einst den Münchner Prachtbau zum Vorbild gewählt haben für seinen eigenen Stadtpalast in Budapest. Der fiel dann noch etwas üppiger aus und beherbergt mit dem "New York Café" bis heute eines der berühmtesten Kaffeehäuser der Welt.

Es ist also etwas Besonderes, in den Räumen an der Ottostraße zu speisen. Und die Betreiber der Restaurants trugen und tragen der geschichtlichen Substanz Rechnung durch spezielle Konzepte. Das war im "Lenbach" der Fall, das hier bis zum vergangenen Jahr zuhause war und mit der Fackel am Eingang, seinem laufstegartig erhöhten Gang entlang der Tische demonstrierte: Dem Sehen und Gesehenwerden maß man mindestens so viel Bedeutung bei wie den gehobenen Gerichten auf den Tellern.

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Auch der Nachfolger nach 15 Jahren Lenbach, das "Rilano Nr. 6", will hervorstechen aus der kulinarischen Landschaft, mit überdurchschnittlicher Küche, erlesenen Gästen. So darf man jedenfalls die in mattem Gold gehaltenen Werbekärtchen interpretieren, die am Ausgang bereitliegen. "Be glamorous at Rilano Nr. 6" steht darauf, und: "Your place to be."

Wobei eines klar ist: Seinen Glanz entfaltet ein Lokal an diesem Ort nicht erst durch klangvolle Namen unter den Besuchern, sondern schon durch die (innen)architektonischen Gegebenheiten. Sie stehen unter Denkmalschutz. Die Bodenfliesen im Schachbrettmuster, die schlossartig anmutende Raumhöhe, der musizierende Putto und anderer Stuckzierrat - die Rilano-Betreiber setzen den großbürgerlichen Salonprunk durch moderne Einsprengsel dezent in Szene. Über die riesige Discokugel in der Raummitte mag man geteilter Meinung sein, aber konsequent ist sie. Am späteren Abend legt ein DJ im Restaurant auf, während an der hauseigenen Bar im linken Gebäudetrakt die Drinks gemixt werden.

Ob es diesem Mischkonzept geschuldet ist, dass das Restaurant nicht eben überrannt wirkt? Ein wenig Loungeatmosphäre, etwas Szenefeeling, dazu eine Speisekarte mit ambitionierten Gerichten, gehobenen Preisen: Das könnte der Versuch gewesen sein, ein breiter gefächertes Publikum anzulocken, was bei 220 Plätzen auch Not tut.

Doch die Umsetzung scheint fraglich, zumindest konnte an drei Freitagabenden von einem Ansturm genuss- und feierwilliger Gäste keine Rede sein. Viele Tische blieben leer. An der Küche kann es nicht liegen, wobei die Rechnungen im Rilano dann doch etwas zu stattlich ausfielen für die sicher überdurchschnittliche, aber nicht durchweg exzellente Qualität. Nach einem fruchtigen Aperitif aus Orangen und San Bitter bot die gebratene Sardine mit Flammkuchen und erstaunlich salzarmem Lardo (12 Euro) einen schmackhaften Einstieg.

Zum Abschluss besser die Käseplatte

Wunderbar frisch der kleine "Ceasar's Salad" (7) mit Hähnchen und Senfdressing, die Sardellenfilets steuerten kräftige Geschmacksnoten bei, ohne zu dominieren. Ein solcher Akzent fehlte der feinen Kombination aus Scamorza-Käse, Wildkräutern und einem kleinen, luftigen Radicchio-Auflauf (12): Eine süßlich milde Vorspeise, der ein Kontrapunkt nicht geschadet hätte - Abhilfe konnte hier die ausgesuchte Weinkarte schaffen.

Auch bei den Hauptgerichten (alle um 30 Euro) stimmten stets Frische und erstklassige Qualität der Zutaten, nur die Zusammenstellung ließ es zuweilen an pointierten Nuancen fehlen. Geradezu fade gerieten Rücken und Bäckchen vom Ibericoschwein, das begleitende "Grillgemüse" bestand aus simplen Zucchinischeiben, der pürierten "Brandade" schien allenfalls ein Hauch Fisch beigemengt zu sein. Beim perfekt gegrillten Filet vom Seeteufel ging das herbsüße Aroma von Pinienkernen und Tannenhonig fast unter im sämigen Petersilienwurzelpüree. Das schön feste Stück vom Petersfisch lag auf hauchfein geschnittenem "Zitronencarpaccio", was dekorativ aussah - doch der Verzehr von bitterer Zitronenschale ist Geschmackssache.

Das Highlight: ein butterzartes Kalbsfilet mit Morcheln, Zucchinicrème und saftigen Küchlein aus Tramezzini-Brot - ein Gedicht. Da störte es nicht einmal, dass das Dessert aus sparsam verwendeter Valrhona-Schokolade mit ausgestochenen Apfelkugeln eine Enttäuschung war (12). Auch wenn das im erlesenen Bernheimer-Haus allzu schlicht erscheinen mag: Man halte sich zum Abschluss besser an die solide Käseplatte (10).

© SZ vom 02.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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