Razzia am Münchner Flughafen:Illegales "Sparmodell"

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Die Sicherheitsfirma des Münchner Flughafens steht unter Betrugsverdacht: Sie soll Steuern in Millionenhöhe unterschlagen und so ihren Eigentümer, den Staat, betrogen haben.

Bernd Kastner

Es war noch früh am Mittwochmorgen, als an die 100 Beamte von Staatsanwaltschaft, Zoll und Steuerfahndung in die Südallee am Flughafen einbogen und an der Hausnummer 1 läuteten. Sie waren nicht angemeldet, stattdessen hatten sie einen Durchsuchungsbeschluss in der Tasche. Der Verdacht lautet auf Hinterziehung von Steuern und Sozialabgaben, und das in Millionenhöhe. Im Visier steht eine Tochterfirma der Flughafengesellschaft FMG: die Flughafen München Sicherheits-GmbH, kurz CAP. Der Vorwurf ist besonders pikant, weil das Unternehmen mehrheitlich im Besitz der öffentlichen Hand ist: Eine Firma betrügt ihren Eigentümer, den Staat.

An der Razzia waren insgesamt mehr als 140 Beamte beteiligt. Sie durchsuchten nicht nur die CAP-Büros am Flughafen, sondern drei weitere Firmen, davon eine am Frankfurter Flughafen, sowie Steuerkanzleien und Privatwohnungen von sechs Verantwortlichen der Firmen in Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Auslöser der Aktion war eine Prüfung von CAP-Beschäftigten durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Münchner Zolls. Dabei habe sich der Verdacht ergeben, so Zoll-Sprecher Thomas Meister, dass die Löhne "einer Vielzahl" von Sicherheitskräften "gesplittet" worden seien.

Überstunden werden nicht über CAP abgerechnet Und so soll das illegale "Sparmodell" funktionieren: Ein Mitarbeiter ist ganz normal bei CAP angestellt und erhält von dort sein Gehalt. Überstunden aber werden nicht über die CAP abgerechnet, sondern über einen 400-Euro-Minijob bei einer anderen, kleinen und privaten Firma. Auf diese Weise habe sich der eigentliche Arbeitgeber, die CAP, enorme Summen an Sozialabgaben und Steuern "gespart", denn das Splitting-Modell soll seit Jahren praktiziert worden sein, erklären Zoll und die für den Flughafen zuständige Staatsanwaltschaft Landshut. Es werde Monate dauern, bis man die sichergestellten Unterlagen ausgewertet habe. Finanziell profitiert haben dürften von den Tricksereien auch die Mitarbeiter: Sie müssen bei Minijobs keine Abgaben zahlen.

Am Flughafen gaben sich am Mittwoch die Verantwortlichen sehr wortkarg. Bei CAP war keiner der beiden Geschäftsführer zu sprechen: Keine Auskunft, hieß es am Telefon, ehe der Hörer aufgelegt wurde. Ein Sprecher der FMG selbst bestätigte lediglich die Durchsuchung und erklärte, dass man alles tun werde, um die Vorwürfe schnellsten aufzuklären. Genauso reagierte der Sprecher von Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU), der dem Aufsichtsrat des Flughafens vorsteht: Weil derzeit alles "hochspekulativ" sei, wolle man diesen "völlig normalen Vorgang im Rahmen von Ermittlungen" nicht kommentieren.

Für die Flughafen-Sicherheit zuständig Der Name CAP rührt von der früheren Firmenbezeichnung: Bis 1999 hieß das Unternehmen "Civil Aviation Protection". Es beschäftigt rund 530 Mitarbeiter und ist zu 76,1 Prozent im Besitz der FMG. Den Rest der Anteile hält die Securitas Transport Aviation GmbH mit Sitz in Düsseldorf. Der Flughafen wiederum gehört dem Freistaat zu 51, dem Bund zu 26 und der Stadt München zu 23 Prozent.

Die CAP-Aufgaben sind vielfältig, sie umfassen praktisch alles Sicherheitsrelevante außer den Passagierkontrollen: Etwa den Werkschutz für die Lufthansa, die Absicherung der beiden Terminals, die Kontrollen der Beschäftigten, Überwachung bei der Post, sogar das Enteisen und Schleppen der Flugzeuge gehört zum Angebot der CAP. Die GmbH formuliert als Unternehmensziel, "das anerkannte und erste Sicherheitsunternehmen am Flughafen zu sein".

Führend ist CAP nun auf einem ganz anderen Feld: Erstmals haben die Schwarzarbeitsfahnder des Münchner Zolls eine Sicherheitsfirma am Flughafen im Visier, und dann auch noch eine, die im Besitz der öffentlichen Hand ist. Dass die Münchner FKS-Truppe vor prominenten Namen nicht zurückschreckt, ist bekannt: Ermittlungen gegen Hochtief wegen mutmaßlicher Schwarzarbeit auf einer städtischen Altenheimbaustelle mündeten in einer Anklage; und Ende 2008 besuchten die Fahnder 13 Münchner Hotels, darunter auch Spitzenhäuser, weil Zimmermädchen mit Hungerlöhnen abgespeist wurden.

© SZ vom 08.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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