Prozess:Wiesn-Messerattacke: Sachverständige halten Angeklagte für voll schuldfähig

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  • Melanie M. steht vor Gericht, weil sie auf dem Oktoberfest 2015 einen Mann niedergestochen hat.
  • Ein Gutachten besagt nun, sie sei voll schuldfähig und leide an keiner Persönlichkeits- oder Bewusstseinsstörung.

Von Christian Rost

Die wegen einer Messerattacke auf dem Oktoberfest angeklagte Melanie M. ist nach den Gutachten eines Psychologen und eine Psychiaterin voll schuldfähig. Sie leide weder an einer Persönlichkeits- noch an einer Bewusstseinsstörung, so die Sachverständigen am Mittwoch vor dem Münchner Schwurgericht. Die 34-jährige Lebensgefährtin eines Hamburger Millionärs ist demnach eine ängstlich-zurückweichende Person, die Konflikten normalerweise aus dem Weg geht.

Dennoch hat sie laut eigenem Geständnis am ersten Wiesn-Wochenende 2015 einen rassistische Beleidigungen brüllenden Lastwagenfahrer vor dem Käfer-Zelt mit einem Klappmesser niedergestochen. Die Staatsanwaltschaft am Landgericht München I geht von versuchtem Mord aus, die Verteidigung von einem straffreien Notwehrexzess.

Die zurückhaltende Persönlichkeit der 34-jährigen Angeklagten und die aggressive Bluttat passen auf den ersten Blick nicht zusammen. Die psychiatrische Sachverständige Susanne Lausch jedenfalls erkannte bei der Begutachtung Melanie M.s "keine besondere Gewaltbereitschaft". Eine ihrer hervorstechenden Charaktereigenschaften sei vielmehr, dass sie Konflikte vermeide. Dies rühre womöglich von Gewalterfahrungen aus der Kindheit und einer früheren Partnerschaft her.

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Der Mann erinnert sich überraschend genau daran, wie die Angeklagte mit dem Opfer auf dem Oktoberfest aneinandergeriet. Bis ihn die Staatsanwältin auf die Probe stellt.

Von Christian Rost

Nach den Worten der Psychiaterin kann aber dennoch nicht ausgeschlossen werden, dass auch M. zu einer "Impulstat" fähig ist. Der Lastwagenfahrer, der einen Stich in die Milz erlitten hatte, gab im Zeugenstand an, Melanie M. sei ihm nachgelaufen, habe sich ihm in den Weg gestellt und gesagt: "Jetzt reicht's!" Dann habe sie zugestochen. Susanne Lausch meinte, vor diesem Hintergrund könne der Angeklagten keine verminderte Schuldfähigkeit attestiert werden.

Auch die Wirkung des Alkohols bei den Beteiligten an diesem Abend schätzte Lausch als nicht allzu hoch ein. Neben Melanie M. und ihrem Lebensgefährten hatten noch 14 weitere Personen bei Käfer miteinander gegessen und getrunken. Sie kamen auf 36 Maß Bier und vier Liter Wein, zusammen mit den Speisen belief sich die Zeche auf 2400 Euro. Einige Zeugen, die mit am Tisch gesessen hatten, beschrieben Melanie M. als deutlich betrunken, als sie mit dem Lastwagenfahrer aneinander geriet.

Andere Zeugen, darunter der Ex-Fußballnationalspieler Patrick Owomoyela, konnten keine größeren Ausfallerscheinungen bei ihr beobachten. Ein Taxifahrer, der M. und ihre Begleiter nach der Tat in die Disco P 1 fuhr, sagte, die Angeklagte sei damals in "Feierlaune" gewesen.

Die Verteidiger Annette Voges, Gerhard Strate und Steffen Ufer wollen trotz der eindeutigen Gutachten nicht ausschließen, dass M. bei der Tat nur eingeschränkt schuldfähig war. Den Schilderungen des Opfers zum Ablauf der Geschehnisse jedenfalls schenkten die Anwälte keinen Glauben.

Sie präsentierten dem Schwurgericht am Mittwoch einen Antrag, in dem sie die psychiatrische Begutachtung des Lastwagenfahrers forderten. Er soll auf seine Glaubwürdigkeit hin untersucht werden. Voges begründete den Antrag mit dessen Drogenkonsum. Er hatte eingeräumt, selbstgezüchtete halluzinogene Pilze konsumiert zu haben. Dies könne zu einer "Realitätsverkennung" führen, so die Anwältin.

© SZ vom 14.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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