Prozess:Neun Schüsse

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Die Polizisten, die auf Daniel M. feuerten, sagen im Prozess aus

"Ich möchte mich entschuldigen. Ich habe im Wahn gehandelt, es ging nicht gegen Sie, ich wollte niemanden verletzen." Mit einer Entschuldigung von Daniel M. ging die Vernehmung von den zwei Polizeibeamten zu Ende, die im Mai 2016 auf den Mann geschossen hatten, weil er mit einer gezückten Schere durch die Gegend gerannt war. Insgesamt neun Schüsse hatten die beiden Beamten auf Daniel M. abgegeben, der heute 26-Jährige überlebte nur dank einer Notoperation. "Ich bin irritiert, dass es polizeitaktisch in dem Augenblick keine andere Lösung gab", sagt sein Rechtsanwalt Roland Autenrieth. Sein Mandant habe niemanden bedroht, er sei vielmehr vor den Menschen davongelaufen.

Daniel M. leidet an einer psychotisch-schizophrenen Erkrankung die im Mai 2016, nachdem er seine Tabletten abgesetzt hatte, massiv ausbrach. Er fühlte sich verfolgt, verließ an dem Tag die Wohnung mit einer Schere und irrte ziellos umher.

"Mann mit Messer bedroht Passanten", so lief der Einsatz für den Streifenbeamten Robert H. an jenem Tag an. Um ein Haar hätte er den Scherenmann gleich festgenommen: Er stellte Daniel M. nahe der Lindwurmstraße, drückte ihn gegen eine Hauswand und wollte ihn fesseln, aber der 26-Jährige konnte flüchten. Der Beamte lief hinterher, "ich hab gepfeffert, aber das hat nichts geholfen". Dann sei M. plötzlich stehen geblieben und auf ihn zugekommen. "Schieß doch", habe er gesagt und mit der Schere herumgefuchtelt. Robert H. drückte ab. Zweimal. Traf M. in den Arm, doch der stöhnte nur kurz und rannte weg.

Die Schüsse hörte Polizeiobermeister Stefan S., der am Kapuzinerplatz ankam. Dort hatten seine Kollegen den Messermann umringt, ein anderer fuhr ihn mit dem Auto an. Beim zweiten Anfahren geriet Daniel M. ins Taumeln, richtete sich auf und sah Stefan S. "Er war etwa sechs Meter von mir entfernt und kam auf mich zu", erzählt der 37-Jährige. Zuerst habe er auf die Beine geschossen, je näher der Mann kam, desto höher zog er die Mündung der Waffe. Nach sieben Schüssen brach Daniel M. zusammen. Er denke oft an den Einsatz zurück, sagt der Beamte, aber ihm gehe es heute gut.

© SZ vom 18.01.2017 / wim - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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