Prozess nach Oktoberfeststreit:27-Jähriger tritt Passanten zu Boden

Lesezeit: 2 min

  • Ein 27-Jähriger muss sich vor dem Landgericht München wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten.
  • Weil ein Passant den Streit zwischen ihm und seiner Freundin nach einem Oktoberfestbesuch schlichten wollte, schlug Ugur D. ihm ins Gesicht und trat auf dem Boden auf ihn ein.

Von Christian Rost

Nach einem Oktoberfestbesuch am 23. September 2014 gerät ein angetrunkenes junges Paar in einer Wohnung in der Au in einen heftigen Streit. Der 27-jährige Ugur D. packt schließlich seine Freundin und zerrt sie hinaus auf die Straße. Als die Frau am Boden liegt, kommt ihr ein Passant, der ebenfalls gerade von der Wiesn nach Hause kommt, zu Hilfe. Für sein couragiertes Einschreiten muss der Mann allerdings teuer bezahlen: Ugur D. reißt ihn zu Boden, tritt auf seinen Kopf ein und verletzt ihn schwer. Wegen gefährlicher Körperverletzung muss sich D. seit Mittwoch am Landgericht München I verantworten.

Der Angeklagte und seine Freundin hatten an jenem Tag getrennt voneinander auf dem Oktoberfest gefeiert. Sie mit Kollegen, er mit drei Freunden. Nach eigenen Angaben trank U., der sonst angeblich keinen Alkohol mehr anrührt, zweieinhalb Maß Bier und rauchte einen Joint. Nach dem Wiesnbesuch traf er seine Freundin, um zunächst noch in einem Fast-Food-Lokal am Hauptbahnhof etwas zu essen und dann gemeinsam nach Hause zu gehen. Bei Burger King verloren sie sich beiden aus den Augen, erst nach Mitternacht trafen sie sich in der Wohnung von D.s Eltern in der Au wieder. Dort begann sogleich ein lautstarker Streit zwischen den beiden, den sie dann weiter auf der Straße vor dem Haus austrugen, um die schlafenden Eltern nicht zu stören.

"Ich habe mich vor sie gestellt, dann fing der Mann auch schon an zu schreien"

Nachbarn bekamen das Geschrei aber sehr wohl mit - auch Thomas B. (Name geändert), der gerade mit einem Taxi von einer After-Wiesn-Party nach Hause kam und die Haustür aufschließen wollte. Der 39-jährige Bankangestellte sah die am Boden liegende Frau, die "Hilfe, Polizei" rief, und eilte zu ihr. "Ich habe mich vor sie gestellt, dann fing der Mann auch schon an zu schreien" , berichtet B. Es blieb aber nicht bei verbalen Aggressionen: Laut Anklage versetzte D. seinem Gegenüber sofort mehrerer Faustschläge, wovon einer B. direkt im Gesicht traf.

Nun beruhigte sich die Situation zunächst, weil U.s Mutter aus dem Haus kam und beschwichtigend auf ihren Sohn einredete. Für Thomas B. schien die Sache erledigt zu sein. Er wollte endlich in seine Wohnung und ging am Gehsteig direkt an U. vorbei. "Dann hörte ich Schritte. Es tat einen Schlag und mir wurde schwindelig", so das Opfer. "Ich dachte, ich bin im falschen Film: Ich lag am Boden und der Typ fing an, auf mich einzutreten. Das nächste, was ich sah, war ein Polizist." Thomas B. erlitt zwei Frakturen im Gesicht, Quetschrisswunden und Hämatome. Laut Staatsanwaltschaft bestand Lebensgefahr.

Ugur D. war damals in einer "schwierigen Lebenssituation"

Ugur D. leugnete die Tritte nicht vor Gericht und ließ seinen Verteidiger Bertold Braunger erklären, dass ihm die Tat "wirklich leid" tue und er sich bei dem Opfer entschuldigen wolle. Braunger sagte, sein Mandant habe sich damals in einer "schwierigen Lebenssituation" befunden. Er habe am Tag vor der Tat zum wiederholten Male eine Absage für eine Lehrstelle als Automobilkaufmann erhalten. Das habe ihn belastet, weil er beruflich endlich auf die Beine habe kommen wollen, so der Anwalt. Zu der Attacke auf Thomas B. war es laut der Erklärung gekommen, weil dieser nach dem ersten Fausthieb zu D. gesagt haben soll: "Da haut ja meine Mutter fester zu, du Hurensohn". Nach den Tritten sei D. dann in Panik geflüchtet. Die Polizei nahm ihn aber schon Minuten später fest.

Wenn das Gericht Ugur D. schuldig spricht, wird es beim Strafmaß auch eine Rolle spielen, dass er bereits 2009 zu einer längeren Haftstrafe verurteilt worden war. Den couragierten Helfer Thomas B. lobt der Vorsitzende Richter Philipp Stoll: "Sie sind ein Held. Solche Leute wie Sie braucht die Gesellschaft." Der Prozess wird fortgesetzt.

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