Prozess:Moneten mit Muckis

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45-Jähriger soll Dopingmittel hergestellt und im Internet verkauft haben

Von Susi Wimmer

Lasse J. hat einige Muckis abgebaut, was sicherlich dem zehnmonatigen Aufenthalt im Knast geschuldet ist. Trotzdem zeichnet sich sein massiver Oberkörper noch deutlich unter dem Sweatshirt ab, als er sich langsam auf die Anklagebank vor dem Landgericht München I niedersinken lässt. Der 45-Jährige ist nicht nur Fitness-Freak, er soll dafür gesorgt haben, dass auch bei anderen die Muskeln wachsen - und parallel dazu die Einnahmen in seinem Geldbeutel: Lasse J. soll laut Anklage Dopingmittel hergestellt und sie gewinnbringend unter anderem nach München verkauft haben.

"Hook", so lautete der Deckname von Lasse J., wenn er durch Bodybuilder-Foren im Netz schipperte und dort unter anderem Komplizen an Land zog. Von 2014 an, so wirft ihm Oberstaatsanwalt Kai Gräber vor, soll er Rohstoffe in China bestellt und in einem Untergrundlabor nahe seiner Wohnung Präparate gepanscht haben, die den Muskelaufbau im Kraftsport fördern. Um das Ganze hübsch zu verpacken, sollen Hogar M. und Artin D., die ebenfalls vor Gericht stehen, für die Kraftampullen Etikette entworfen und die Labels "Premium Medicals" hergestellt haben.

Lasse J. konsumierte und verkaufte nicht nur selbst, er soll auch ein teilweise internationales Netz an Kontaktmännern und Zwischenhändlern aufgezogen haben. Alles via Internet, alles anonym. Bis auf einen: den 67 Jahre alten Othmar H. Den hatte "Hook" beim Karneval in Köln kennengelernt. Der Rentner wohnt in der Schweiz und Lasse J. ließ unter anderem an seine Adresse die Rohstoffe aus China liefern. Othmar H. soll nach Köln gefahren sein und den Stoff übergeben haben. Dafür soll er pro Lieferung 300 Euro erhalten haben.

Über einen der Zwischenhändler flog die Bande auf: Ein Abnehmer in Kempten, der bereits einschlägig vorbestraft war, schickte ein Geldpaket an eine Tarnadresse in Köln, als die Polizei ihn bereits im Visier hatte. Die anschließend geschaltete Telefonüberwachung führte zu "Hook" und letztendlich zu dem umfangreichen Verfahren. Der Abnehmer in München, Markus D., wurde bereits zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Er hatte die Ampullen selbst konsumiert und auch weiterverkauft. Allerdings nicht in Fitness-Clubs, sondern über das anonyme Netz. Der Mitstreiter aus Kempten wurde auch wegen seiner Vorstrafen zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt. Dem einschlägig bekannten Lasse J. droht eine Haftstrafe von ein bis zehn Jahren, unter anderem wegen gewerbsmäßigem Handeltreiben mit Dopingmitteln.

"Dieser Fall gehört nicht vor dieses Gericht", befand Thomas Ohm, Verteidiger von Lasse J. Schließlich sollen die Taten von Köln aus begangen worden sein, das Landgericht München I sei also gar nicht zuständig. Nach kurzer Beratungszeit erklärte Richterin Nicole Selzam, der Antrag werde zurückgewiesen, ein Handlungsort sei überall dort, wo auch "ein Teilort" der Tat gegeben sei, wo beispielsweise die Tat beendet wurde. Und das sei mit der Lieferung nach München gegeben, wo ein Mittelsmann von Lasse J. gesessen habe.

Juristisch diffiziler wurde es, als Marco Noli im Namen seines Mandanten Artin D., der Etiketten für die Ampullen hergestellt haben soll, eine Gegenvorstellung gegen den Beschluss des Gerichts erhob. Darin kritisierte er auch, dass in der Anklageschrift "beihilfefähige Taten" angeklagt seien, aber nicht zu welchen davon ihm konkret eine Beihilfe vorgeworfen wird. Es werde konkret nicht beschrieben, welche Etiketten für welche Ampullen hergestellt worden sein sollen. Deshalb beantragte Noli die Einstellung des Verfahrens gegen Artin D. Das Gericht vertagte sich auf kommenden Dienstag.

© SZ vom 16.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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