Prozess:Löwenfan nach Ausraster bei Relegationsspiel verurteilt

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Am Ende des Relegationsspiels der Löwen gegen Jahn Regensburg musste die Polizei randalierende Fans stoppen. (Foto: dpa)
  • Bei einem Fußballspiel in der Fröttmaninger Arena hatte ein 25-Jähriger randaliert und Spezialkräfte der Polizei mit Gegenständen beworfen.
  • Das Gericht verurteilte den Löwen-Anhänger zu einem Jahr und zehn Monaten Haft auf Bewährung und ordnete zudem eine Geldauflage sowie ein dreijähriges Stadionverbot an.
  • Mit einem Eintrag im Führungszeugnis habe sich laut Verteidigerin ihr Mandant "seine berufliche Zukunft zerschossen".

Von Andreas Salch

Es war einer der schwärzesten Tage in der Vereinsgeschichte des TSV 1860 München: der 30. Mai 2017. Die Löwen verloren in der Arena in Fröttmaning das Rückspiel in der Relegation gegen den SSV Jahn Regensburg mit 0:2 und stiegen in die 3. Liga ab. Die Löwen-Fans waren wütend. Kurz vor Abpfiff der Partie begannen etliche von ihnen zu randalieren. Lukas B. war dabei nach eigenen Worten "mit an vorderster Front". Am Dienstag musste er sich vor dem Amtsgericht München verantworten. Die Staatsanwaltschaft hatte Anklage wegen eines besonders schweren Falls des Landfriedensbruchs erhoben. Gegen Ende des Spiels war der 25-jährige Kaminkehrer ausgerastet.

Lukas B. befand sich in einer Gruppe von etwas 80 bis 100 gewaltbereiten Löwen-Fans in der vollbesetzen Nordkurve. Die Stimmung unter den Löwen-Anhängern eskalierte immer mehr. Der damalige Nachwuchstrainer des TSV, Daniel Bierofka, versuchte vom Spielfeldrand aus zu beruhigen. Einsatzkräfte rechneten jederzeit damit, dass die Löwen-Fans das Spielfeld stürmen. Die Partie musste unterbrochen werden. Vor dem Fan-Block des TSV marschierten Spezialkräfte des Unterstützungskommandos der Polizei (USK) auf.

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Sofort seien er und seine Kollegen mit Sitzschalen, Fahnenstangen, Feuerzeugen, Glasflaschen und anderen "Sachen eingedeckt" worden, sagte einer der Beamten in der Verhandlung vor dem Amtsgericht. Der 26-Jährige wurde von einer Sitzschale am Schienbein getroffen. Ein Kollege von ihm von einem Gegenstand im Genitalbereich. Beide erlitten leichte Verletzungen. Der Täter konnte im Nachhinein schnell ermittelt werden, obwohl er eine Sturmhaube trug. Es war Lukas B. Auf den Videos von Überwachungskameras ist deutlich zu sehen, wie er unter anderem Sitzschalen auf die USK-Beamten warf. Außerdem zeigen die Videos, wie er sich später unter einer blau-weißen Fahne seine Sturmhaube vom Kopf streifte und seine Jacke auszog. Die Polizei fahndete öffentlich nach B. Der 25-Jährige, der den TSV 1860 als seinen "Herzensverein" bezeichnet, stellte sich daraufhin.

Eigentlich sei er ein "friedliebender Mensch", versicherte Lukas B. dem Vorsitzenden Richter. Was in ihn gefahren sei, könne er sich nicht erklären. Außer mehreren Sitzschalen, von denen eine 4,5 Kilogramm wiegt, hatte B. auch Fahnenstangen in Richtung der USK-Beamten geschleudert. Darüber hinaus hatte er mit anderen unbekannten Fans so lange am Ballfangnetz hinter dem Tor gezogen, bis es zerriss. Ob der 25-Jährige für die Kosten eines neuen Netzes in Höhe von 10 721,70 Euro und für 80 herausgerissene Sitzschalen im Wert von 8250 Euro aufkommen muss, ist noch nicht entschieden.

"Teure Angelegenheit", meinte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Sie forderte zwei Jahre Haft auf Bewährung. Der Angeklagte sei mit seiner "Brutalität hervorgestochen" und "eindeutig ein Rädelsführer", der andere "angestachelt" habe, Sitzschalen aus den Verankerungen zu reißen. B.s Verteidigerin, Rechtsanwältin Christina Keil, plädierte für eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten. Mit einem Eintrag im Führungszeugnis habe sich ihr Mandant, der vor kurzem seine Meisterprüfung abgelegt hat und sich selbständig machen wollte, "seine berufliche Zukunft zerschossen".

Wegen eines besonders schweren Falls des Landfriedensbruchs, zweifacher gefährlicher Körperverletzung, zwanzigfacher versuchter gefährlicher Körperverletzung sowie wegen eines Verstoßes gegen das bayerische Versammlungsgesetz verhängte das Gericht schließlich ein Jahr und zehn Monate Haft auf Bewährung und ordnete zudem eine Geldauflage in Höhe von 1200 Euro sowie ein dreijähriges Stadionverbot an.

© SZ vom 28.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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