Prozess in München:Mordfall ohne Leiche

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Daniela K. verschwand spurlos im März 2013 aus ihrer Pasinger Wohnung. Der Vater ihrer beiden Kinder sagt, er habe damit nichts zu tun. Die Staatsanwaltschaft will ihm das Gegenteil beweisen - auch wenn die Leiche immer noch nicht aufgetaucht ist. pri

Von Susi Wimmer und Christian Rost

Im Fall der seit 12. März 2013 spurlos verschwundenen Daniela K. aus Pasing hat die Staatsanwaltschaft München I Anklage gegen deren ehemaligen Lebensgefährten erhoben. Der Vorwurf lautet auf Mord. Von Mitte Mai an wird sich der 43-jährige Bülent A. vor dem Münchner Schwurgericht verantworten müssen. Der Vater der beiden Kinder von Daniela K. sagt, er habe mit dem Verschwinden der 36-Jährigen nichts zu tun. In einem langwierigen Indizienprozess will ihm die Staatsanwaltschaft das Gegenteil beweisen. Rund 50 Zeugen sind geladen.

Bülent A. sitzt seit dem 27. März 2013 in Untersuchungshaft. In der Wohnung des Paares in der Nimmerfallstraße soll die Polizei zwar keine eindeutigen Hinweise auf ein Tötungsdelikt gefunden haben. Die Anklage geht dennoch fest davon aus, dass A. seine Lebensgefährtin umgebracht und die Leiche an einem unbekannten Ort versteckt hat. Für die Staatsanwaltschaft kommt kein anderer Täter als Bülent A. infrage. Laut Anklage ist er der einzige mit einem Motiv: Seine Lebensgefährtin hatte sich in einen anderen Mann verliebt und wollte sich von A. trennen. Er sollte aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen.

Polizei steht vor Rätsel
:Die verschwundene Frau

Schon seit Wochen sucht die Polizei nach der 36-jährigen Daniela K. - und hält gleichzeitig deren Lebensgefährten fest. Etliche Indizien deuten auf einen Mord hin. Die Münchner Mordkommission ermittelt fieberhaft. Doch was fehlt, ist die Leiche.

Von Susi Wimmer

Der Elektriker räumte in seinen Vernehmungen lediglich einen Streit mit Daniela K. am 12. März 2013 ein. Er gab auch zu, dass er sie dabei gestoßen und wohl auch geschlagen habe. Sie sei aber nicht ernsthaft verletzt worden. Nachbarn hatten an jenem Abend Schreie der Frau gehört. Bülent A. sagte, dass seine Freundin die Wohnung gegen 20.30 Uhr verlassen habe. Er selbst sei direkt danach mit den beiden Kindern - ein zweijähriges Mädchen und ein fünf Jahre alter Junge - zu seinen Eltern nach Haidhausen gefahren. Dort blieb er mit den Kindern.

Den Angaben zufolge kehrte A. erst drei Tage später in die Pasinger Wohnung zurück, um Sachen für sich und die Kinder zu holen. Daniela K. habe er nicht mehr gesehen. Vermisstenanzeige erstattete er nicht. Er sei davon ausgegangen, so A. bei der Polizei, dass seine Lebensgefährtin mit einem anderen Mann durchgebrannt sei. Am 18. März, sechs Tage nach dem Streit in der Wohnung, meldete eine Freundin die 36-Jährige als vermisst. Nach der Berichterstattung in den Medien über den Vermisstenfall Daniela K. gab es einige Hinweise aus der Bevölkerung. Daraus ergaben sich für die Polizei aber keine neuen Erkenntnisse. Bis heute ist Daniela K. spurlos verschwunden. Ihre Kinder befinden sich in der Obhut des Jugendamtes.

Was die Ermittlungen im Umfeld der Frau ergaben, ließ es als äußerst unwahrscheinlich erscheinen, dass sich die junge Mutter ohne ihre Kinder abgesetzt haben könnte. Für die befragten Zeugen jedenfalls schien es undenkbar, dass Daniela K. einfach verschwindet, ohne sich zu melden und sich nach ihren Kindern zu erkundigen. Ihr Handy und ihre EC-Karte hat sie nicht mehr benutzt. Wie die Polizei berichtete, hat sich der Verdächtige zudem in Widersprüche verstrickt. Und es gebe sehr wohl Spuren in der Wohnung, die auf ein Gewaltverbrechen hindeuteten. Um welche Spuren es sich handelte, darüber schwieg sich die Polizei "aus ermittlungstaktischen Gründen" aus. Vermutungen, die Spurensicherung könne doch noch Blut in der Wohnung gefunden haben, das der Täter nicht gründlich genug weggewischt hatte, wurden nicht kommentiert.

Keine greifbaren Beiweise?

Klaus Woryna, der Verteidiger von Bülent A., sieht nach Abschluss der Ermittlungen keine greifbaren Beiweise, die seinen Mandanten mit einem Gewaltverbrechen in Verbindung bringen könnten. Auf die Spurenlage angesprochen sagt Woryna, auch diesbezüglich habe er "den Akten nichts entnehmen können". Die Anklageschrift gegen Bülent A. ist mangels eindeutiger Beweise und vieler angeführter Indizien entsprechend umfangreich.

Mordfälle ohne Leiche beschäftigen die Justiz immer wieder. Im Januar 2005 verschwand der Konditormeister Konrad H. aus seinem Haus in Trudering. Nur ein Blutfleck deutete auf ein Gewaltverbrechen hin. Ins Visier der Polizei geriet schließlich der wegen Raubes vorbestrafter Handwerker Jörg N. Wie sich zeigte, hatte er Geld vom Konto H.s abgehoben. Vor Gericht gestand N. den Mord schließlich doch noch. Die Leiche des Konditors hatte er an einem Strand vergraben.

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:Rätselhafte Verbrechen

Die Mordkommission hat derzeit mit drei ungeklärten Fällen zu tun. Beim Isarmord hat auch die Fernsehsendung "Aktenzeichen XY" zu keiner neuen Spur geführt. Trotzdem sind die Ermittler sicher, den Täter irgendwann zu fassen.

Von Susi Wimmer

In Lübeck wurde 2003 ein Geschäftsmann wegen des Mordes an seiner Ehefrau verurteilt - obwohl es keinerlei Spuren für ein Gewaltverbrechen gab und auch nie die Leiche des Opfers gefunden wurde. Das Lübecker Landgericht untersuchte sechs mögliche Tathergänge. Und kam zu dem Schluss, dass in jedem Fall der Mann der Mörder gewesen sein musste.

© SZ vom 10.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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