Prozess:Gesalzene Preise

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Der Caterer belieferte bis zu seiner Kündigung Kindertagesstätten und Schulen mit Mittagessen. (Foto: Angelika Bardehle)

Die Caritas kündigt einem Caterer, weil das Unternehmen einfach die Preise erhöht hatte - nun geht es vor Gericht um 63 000 Euro

Von Stephan Handel

Einfach die Preise erhöhen! So geht's ja nicht! Fand jedenfalls die Caritas für die Erzdiözese München und Freising und kündigte deshalb den Vertrag mit einem Lieferanten, der vier Caritas-Einrichtungen im Landkreis Garmisch-Partenkirchen, Kindertagesstätten und Schulen, mit Mittagessen versorgte. Der war von dieser Kündigung naturgemäß wenig begeistert. Deshalb trafen sich Caritas und Caterer nun vor dem Landgericht.

2014 war der Vertrag geschlossen worden; er sollte zunächst für ein Jahr gelten und sich automatisch verlängern, so er nicht gekündigt würde. Einmal griff die automatische Verlängerung, was wohl auf allseitige Zufriedenheit schließen lässt. Im zweiten Jahr aber war's vorbei mit der Freundschaft: In einer E-Mail kündigte der Lieferant eine Erhöhung der Preise um sieben Prozent an, Begründung: höhere Einkaufs- und andere Unkosten, bitte um kurze Bestätigung. Die jedoch kam nicht - vielmehr schickte die Caritas per Mail die Kündigung, am 29. Juli, also vier Wochen vor dem Ende des Vertrags und deutlich zu spät für die Drei-Monats-Frist, die für eine ordentliche Kündigung vereinbart war.

Das wiederum wollte sich der Anbieter nicht gefallen lassen - jetzt klagt er auf Schadensersatz aus entgangenem Gewinn, der sich nach seiner Rechnung auf gut 63 000 Euro belaufen soll. Die Caritas hingegen nennt eine Erhöhung von sieben Prozent "lebensfremd", außerdem habe der Vertragspartner nicht dargelegt, wie diese Erhöhung denn zustande komme. Und weil sich in der ersten Mitteilung die Formulierung findet, die Erhöhung sei "unumgänglich", also wohl auch nicht verhandelbar, habe ja der Caterer zuerst den bestehenden Vertrag außer Kraft gesetzt - mithin sei es eigentlich eine beiderseitige, einvernehmliche Kündigung gewesen.

Ganz so wollte es die Richterin am Landgericht allerdings nicht sehen. Juristisch jedenfalls stellt sich der Fall einigermaßen kompliziert dar. Denn der Vertrag beinhaltet zwar eine "Preisanpassungsklausel" - jedoch keine Vereinbarung darüber, wie zu verfahren sei, wenn der jeweils andere Partner mit der Preiserhöhung nicht einverstanden ist. Eindeutig allerdings ist die Vertragsformulierung, dass eine Kündigung "per Einschreiben mit Rückschein" ausgesprochen werden müsse. Reicht also überhaupt die Caritas-Mail für eine wirksame Kündigung? Rechtsanwalt Gerhard Riedl beeilte sich zu versichern, dass das baldigst nachgeholt werde.

Dann wiederholte er noch einmal seine Auffassung: Dass die Erhöhung der Preise das Angebot war, den Vertrag zu anderen Bedingungen fortzuführen - also einen neuen Vertrag zu schließen. Das habe die Caritas abgelehnt, was ihr gutes Recht gewesen sei. Der Anwalt des Klägers nannte diese Argumentation "rechtlich kühn". Aber eigentlich war das ja eh nur das Vorgeplänkel für einen eventuell in Frage kommenden Vergleich.

Riedl bot zehn Prozent der Klagesumme, also etwa 6000 Euro, was von der Gegenseite natürlich ebenso ungläubig wie erbost zurückgewiesen wurde. Die Richterin schlug vor, sich doch bei der Hälfte zu treffen, was eine Beratung der Klägerseite erforderlich machte, Ergebnis: Über 43 000 Euro könne man sich unterhalten. Antwort Riedl: "Da kommen wir nicht zusammen."

Güteverhandlung also gescheitert, jetzt wird's langwierig - und teuer: Unter anderem wird ein Gutachten benötigt werden, um den tatsächlich entstandenen Schaden zu beziffern. Den Caritas-Kindern im Landkreis Garmisch-Partenkirchen kann das egal sein - sie werden längst schon anderweitig versorgt.

© SZ vom 09.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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