Prozess in München:Dealer soll Drogen in Kuscheltier überbracht haben

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Eine Mainzer Kriminalpolizistin hält ein Gefäß mit einer Kräutermischung, die mit Drogen versetzt wurde. (Foto: Fredrik von Erichsen/dpa)
  • Ein arbeitsloses Münchner Pärchen soll einen "schwunghaften Handel" mit psychoaktiven Stoffen betrieben haben.
  • Vor Gericht gibt der Tatverdächtige zu, Drogen genommen zu haben. Er sei aber kein Dealer.
  • Der Mann geht zurück ins Gefängnis, die mitangeklagte Frau bleibt frei.

Von Susi Wimmer

In Raum A 37 des Münchner Amtsgerichts geht es am Mittwochmorgen um einen Plüsch-Hasen und -Elefanten, um Badesalze und merkwürdige Buchstabenkombinationen wie Alpha-BVT oder MDPHP. "Handeltreiben mit neuen psychoaktiven Stoffen" steht auf der Tagesordnung. Auf der Anklagebank sitzen Hakan A., 32, und seine gleichaltrige Freundin Maria-Vanessa R. Sie sollen von einer Wohnung in Mittersendling aus einen "schwunghaften Handel" mit diesen Substanzen betrieben haben, wie es die Staatsanwaltschaft angeklagt hat. Maria-Vanessa R. schweigt, Hakan A. erzählt von der Köpfung eines blauen Stofftier-Hasen und versichert: "Ich bin kein Dealer."

Die Tatbestände rund um die "neuen psychoaktiven Stoffe" wurden erst vor kurzem in ein Gesetz gegossen. Weil Süchtige oder Dealer auf der Suche nach neuen Kicks etwa mit Stoffen in Reinigungsmitteln oder anderen alltäglichen chemischen Substanzen herumexperimentierten und diese auch auf den Markt brachten, musste der Gesetzgeber reagieren. Denn die immer neuen Mixturen fielen nicht unter das Arzneimittelgesetz und konnten gar nicht so schnell in das Betäubungsmittelgesetz aufgenommen werden, wie schon wieder eine andere Variante der so genannten "Legal Highs" kursierte. Es war eine Gesetzeslücke entstanden, die vor eineinhalb Jahren mit dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz geschlossen wurde. Demzufolge sind nun etwa Handel oder Herstellung unter teils empfindliche Strafen gestellt.

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Das arbeitslose Münchner Pärchen soll sich laut Staatsanwaltschaft den Lebensunterhalt mit dem Verkauf dieser Rauschmittel finanziert haben. Hakan A. soll via E-Mail die Stoffe im Netz bestellt haben. Kaufinteressenten meldeten sich bei Maria-Vanessa R. auf dem Handy, sie vermittelte zu Hakan A. Zur Übergabe traf man sich unter anderem vor dem Textildiscounter Kik am Gottfried-Böhm-Ring. Bei der Durchsuchung der Wohnung des Paares in der Attenkoferstraße sei die Polizei auf diverse psychoaktive Stoffe, Heroin und verdächtige Stofftiere gestoßen, so die Staatsanwältin. In einem ausgehöhlten grauen Plüsch-Elefanten sollen Plomben mit Drogen deponiert gewesen sein. Und den blauen Plüsch-Hasen soll Hakan A. benutzt haben, um Drogen zur Übergabe zu transportieren. Deshalb köpften die Ermittler das Tier bei der Durchsuchung.

Ergebnis der Haarprobe: Koks, Heroin, Methadon und anderes

"Ich möchte mich für mein Erscheinungsbild entschuldigen", beginnt der in abgeschnittener Jeans gekleidete Hakan A. formvollendet. Er habe im Gefängnis keine andere Möglichkeit der Kleiderwahl gehabt. Dann erzählt er, dass in den Jahren 2016 und 2017 mit Maria-Vanessa R. "an meiner Seite alles super" gewesen sei. "Sie hat nichts mit der Sache zu tun", versichert er. Von einem Nachbarn habe er Badesalze erhalten, gibt er zu. Dann habe er selbst im Internet für den Eigenbedarf bestellt. Er habe Probleme mit Drogen bekommen, als seine Mutter schwer krank wurde und zur Dialyse musste. Den blauen Plüsch-Hasen habe er dabei gehabt, um ihn ihr ins Krankenhaus zu bringen, als er an jenem 12. Juni 2017 festgenommen wurde. Das Kuscheltier habe er bereits zu seiner Geburt bekommen, und natürlich habe dieses Löcher im Fell.

Die Polizei war auf Hakan A. über einen anderen Mann aufmerksam geworden. Dieser hielt sich im Februar am Hauptbahnhof auf und lotste nach den Beobachtungen eines LKA-Ermittlers einige Leute nach Mittersendling. Die Polizisten folgten der Gruppe. Am Gottfried-Böhm-Ring sei ein unbekannter Mann dazugestoßen, wohl Hakan A. Da die Polizei ihn als Dealer verdächtigte, wurde er observiert.

Richter Lars Hohlstein führt vor dem Schöffengericht das Ergebnis der Haarprobe von Hakan A. ein: Koks, Heroin, Methadon und anderes. Und er hält dem Angeklagten vor, dass seine Freundin ihn bei der Polizei schwer belastet habe. Unter anderem mit der Aussage, dass Hakan A. "einmal in der Woche an die 100 Gramm" irgendwelcher chemischen Substanzen bestellt habe. "Geschäfte hat er täglich gemacht." Da noch eine weitere Anklage vorliegt, kommen alle Beteiligten überein, die Verfahren zu verbinden und erst im September fortzufahren. Für Hakan A. geht es zurück ins Gefängnis, seine Freundin befindet sich auf freiem Fuß, muss sich aber regelmäßig bei der Polizei melden.

© SZ vom 12.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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