Prozess:Betrug im Bordell

Lesezeit: 2 min

Vater und Sohn sollen in ihrer Table-Dance-Bar in der Maxvorstadt ihre Angestellten und auch die Gäste ausgenommen haben

Von Susi Wimmer

Den Sitzungssaal betritt ein schlaksiger älterer Herr mit blauem Sakko, das nicht zur blauen Hose passen mag, geschweige denn zur grünen Krawatte; um den Hals ein karierter Schal, am Ohrläppchen ein funkelnder Knopf. Helmut B. hat 17 Jahre lang ein Wirtshaus in der Au geführt. Später besserte er seine minimale Rente als Türsteher in Bordellen auf - und in einer Table-Dance-Bar an der Karlstraße. Deren Chefs, Vater Aleksandar M. und sein Sohn, sitzen derzeit vor dem Landgericht München I auf der Anklagebank. Sie sollen unter anderem die Kunden am Kartenterminal ausgenommen und junge Ausländerinnen zur Prostitution gezwungen haben. Im Zeugenstand erzählt der heute 80 Jahre alte Helmut B., wie er sich als Türsteher die Nächte vor der Bartüre bei Wind und Wetter um die Ohren schlug - für einen Tageslohn von 30 Euro. Wenn überhaupt.

Helmut B. lernte den Angeklagten Aleksandar M. über eine Bekannte kennen. 2010 habe ihn der 51-Jährige angesprochen, ob er nicht in seiner Table-Dance-Bar "Eve" an der Karlstraße aushelfen könne. Es stellte sich heraus, dass Aleksandar M. "Probleme" hatte und er bat den damals 73-Jährigen, ob er nicht die Geschäftsführung übernehmen könne, gegen eine gewisse Umsatzbeteiligung von 1000 Euro im Monat. "Aber die gab es nie", erzählt der Mann mit dem schlohweißen Haar. Von einer Abrechnung hat Helmut B. nie etwas gesehen, "faktisch hat Aleksandar M. alles gemacht, ich sollte nur da sein". Zudem ließ Aleksandar M. die Zahlungen in dem Club über das Konto von Helmut B. laufen.

In der Eve-Bar, später umbenannt in "Pretty Woman Bar", gaben sich laut einem Ermittler die Geschäftsführer im Jahresrhythmus die Türklinke in die Hand. Es fällt das Wort "Sozialleistungsbetrug" und der Polizist zitiert Aussagen von Zeugen, die sagen, die Geschäftsführer seien "Hampelmänner" gewesen, die zu tun hatten, was Aleksandar M. sagte. Zlatko M. ist einer von ihnen. Aleksandar M. hatte unter anderen mit dessen Schwester eine Beziehung. Zlatko M. hatte im Lokal den Job, auf die Frauen aufzupassen und am Ende musste er putzen und aufräumen. "Ich weiß alles, was in dem Laden passiert ist", sagt er. Die Frauen wurden als vermeintliche Tänzerinnen aus Rumänien und Bulgarien hergeholt. "Später haben sie erfahren, dass sie was anderes tun müssen." Bis auf zwei Frauen hätten sich alle prostituieren müssen. In einer angemieteten Wohnung, und in der Bar - im Sperrbezirk. Dort habe es ein separates Zimmer mit einem blauen Sofa gegeben. Er habe dort "beim Putzen viele Kondome gefunden". Ob benutzt oder unbenutzt, fragt das Gericht. Die Antwort erübrigt sich.

Er habe auch mitbekommen, wie die Frauen die Pin-Nummern der "Freier" ausspionierten. Und wenn ein besonders betrunkener Mann dagewesen sei, habe man den Chef oder seinen Sohn angerufen, der habe am Kartenterminal anstelle von beispielsweise 200 Euro gleich 2000 Euro eingetippt. "Das ist auch im Bunny Club in Geretsried, den er auch betrieben hat, so gelaufen", sagt der Zeuge.

Schließlich sitzt eine der Ex-Freundinnen von Aleksandar M. im Zeugenstand. Sie sei "sehr wütend" auf diesen Mann, sagt sie. Auch sie war einmal Geschäftsführerin in seiner Bar, "seine Ex-Frau hat von mir das Geld kassiert". Für den heute siebenjährigen gemeinsamen Sohn zahle Aleksandar M. keine Alimente. Während der Angeklagte Kusshändchen in den Zuschauerraum wirft, ruft er dem Richter zu: "Schauen sie, das ist mein Sohn!" Woraufhin Stephan Kirchinger den Sohn aus dem Saal bringen lässt. "Die Thematik ist wohl nicht für Kinder geeignet."

© SZ vom 15.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: