Polizei:Betrüger missbraucht Dokumente von Wohnungssuchenden

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  • Ein in Hamburg lebender 44-Jähriger hat mit den Daten von 61 Wohnungssuchenden eine halbe Million Euro ergaunert.
  • Er erstellte Anzeigen für fiktive Wohnungen und ließ sich von Interessenten Ausweis und Bankverbindung schicken. Die Hälfte der Geschädigten lebt in München.
  • Die Polizei warnt, nie Ausweisdokumente zu verschicken - und bei Gehaltsabrechnungen gezielt zu schwärzen.

Von Martin Bernstein

Es klingt unglaublich - und doch war es vor allem eines: unglaublich einfach für den Täter. Ein in Hamburg lebender 44-Jähriger hat mit falschen Immobilienanzeigen rund eine halbe Million Euro ergaunert. Zum Verhängnis wurde ihm, dass er außer Geld auch Handys, Uhren und Kaffeemaschinen im Online-Versand bestellte. An einer von der Polizei überwachten Packstation endete die mehr als ein Jahr dauernde Betrügerkarriere des im russischen Baschkirien geborenen Mannes. Die Polizei hat bisher 61 Geschädigte ermittelt - die Hälfte davon aus München.

Die Wohnungen, die der Mann auf Immoscout und anderen Wohnungsportalen zur Miete anbot, weckten das Interesse vieler Münchner. Die an mehreren Stellen der Stadt lokalisierten Appartements waren 50 bis 60 Quadratmeter groß und sollten so um die tausend Euro pro Monat kosten. Ideal für Singles. Kein Schnäppchen, aber für Münchner Verhältnisse ein reelles Angebot.

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So interessant, dass 30 Münchnerinnen und Münchner auf Angebote des angeblichen Vermieters hereinfielen. Und einen entscheidenden Fehler machten, wie Thomas Brandner, Vizechef des Betrugskommissariats 74 sagt: "Versenden Sie nie Ausweisdokumente!" Genau das taten die Bewerber aber. So kam der Betrüger an Kopien von Personalausweisen und Gehaltsabrechnungen. Auf letzteren stand - weil von den Interessenten nicht geschwärzt - auch noch die Bankverbindung.

Die Wohnungen gab es nicht. Doch das zu überprüfen, ist auf die Schnelle für jemanden, der in München eine neue Bleibe sucht, ein Ding der Unmöglichkeit. Der Hamburger Betrüger aber hatte jetzt alles, was er brauchte. Mit den fremden Identitäten, Adressen und Kontodaten eröffnete er neue Bankverbindungen. Und über diese wiederum beantragte er Kredite. Mal über 10 000 Euro, mal über 25 000 Euro. Alles online. Bis die Banken merkten, dass ihr Schuldner den Kredit nicht bediente, und dann auf dem Weg einer Schufa-Anfrage darauf kamen, dass auch die Identität ihres Kunden falsch war - das dauerte.

Und so konnte der 44-Jährige bis Oktober seinem gewerbsmäßigen Betrug ungestört nachgehen. Doch er hatte einen Fehler gemacht, nämlich auch online bei der Post ein Fach in einer Packstation eröffnet, an das er sich insgesamt 15 Bestellungen schicken ließ. Und dort, in Hamburg, schnappte dann die Falle zu.

Der Mann sitzt jetzt in Untersuchungshaft, mehrere Polizeidienststellen in Deutschland sind mit seinen Taten befasst. Der materielle Schaden bleibt an den Banken hängen. Doch den Ärger haben auch die Mietinteressenten, deren Daten der Betrüger verwendete. Thomas Brandner rät allen, die auf eine Wohnungsannonce hin zu viel von sich preisgegeben und jetzt ein ungutes Gefühl haben: "Beantragen Sie eine Schufa-Selbstauskunft."

© SZ vom 02.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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