Ordner auf dem Oktoberfest:Ermittlungen wegen vermeintlicher SS-Runen

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  • Weil die Nummer auf seinem Namensschild SS-Runen ähnelte, bekommen ein Oktoberfest-Ordner und die Frau, die das Schild beschriftet hatte, Ärger mit der Justiz.
  • Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen.

Von Christian Rost

Ein Oktoberfest-Ordner mit SS-Runen auf seinem Namensschild - diese Nachricht verbreitete sich in Windeseile an einem Wiesnsonntag 2014 via Twitter im Internet. Ein Journalist stellte zu seinem getwitterten Text ein Foto, das das Namensschild auf der Brust des Sicherheitsmannes im Hackerzelt zeigte. Die Polizei ging der Sache nach - und brauchte nicht lange, um alles aufzuklären: Bei dem vermeintlichen SS-Zeichen handelte es sich schlichtweg um die Zahl 44, also die Nummer des Ordners.

Eine ältere Frau hatte die Namensschilder aller Sicherheitsleute im Zelt etwas eigenwillig beschriftet, wobei sie sagte, in ihrer Heimat Serbien werde die Zahl eben so geschrieben. Jedenfalls sei ihr das so beigebracht worden. Für die Staatsanwaltschaft München I war der Fall damit aber nicht erledigt. Sie ermittelte gegen die Frau, den Ordner und den Journalisten wegen des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Peter Preuß, am Donnerstag Medienberichte bestätigte.

Frau hätte Ähnlichkeit mit SS-Runen erkennen müssen

Dass die Frau, der Ordner und der Journalist keinerlei Absicht hatten, Nazi-Symbole zu verherrlichen, davon geht auch die Strafverfolgungsbehörde aus. Die Frau hätte aber erkennen müssen, so Preuß, dass die von ihr geschriebene Zahl SS-Runen zum Verwechseln ähnlich gesehen habe. Damit liege ein vermeidbarer Verbotsirrtum vor, auch wenn die Schuld der Frau nur als gering anzusehen sei. Zwar soll das Ermittlungsverfahren gegen sie nun eingestellt werden, allerdings nur gegen eine Geldauflage. Ob die Frau darauf eingeht oder die Sache vor Gericht ausfechten wird, ist noch nicht entschieden.

Bei dem Ordner liegt es aus Sicht der Staatsanwaltschaft indes auf der Hand, dass er vorsätzlich gehandelt hat. Gegen ihn wurde ein Strafbefehl beantragt, weil er die Verwechslungsgefahr mit Nazi-Symbolen hätte erkennen müssen. "Das springt einem ins Auge", sagte Preuß. Den Ordner habe das aber nicht gestört.

Im Fall des Journalisten sind die Ermittlungen bereits eingestellt - ohne Auflagen. Er hatte das Foto auf der Twitter-Seite der Münchner Polizei veröffentlicht und damit für viele Leute zugänglich gemacht, was ihm die Staatsanwaltschaft ankreidete. Sie nahm ihm nicht ab, damals als Journalist tätig gewesen zu sein, was nicht strafbar gewesen wäre. Es sei aber letztlich klar, dass er kein verwerfliches Ziel verfolgt habe, so Preuß.

© SZ vom 24.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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