Olympiabewerbung 2018:''Langsam schließt sich das Zeitfenster"

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6,9 Millionen Euro Spronsorenmittel fehlen den Münchner Bewerbern für Olympia 2018. Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbunds meint, es könnte eng werden.

Katja Riedel

SZ: Der Bewerbungsgesellschaft fehlen 6,9 Millionen Euro Sponsorenmittel - bereitet Ihnen das Probleme?

Der Countdown läuft: In der Nähe des Olympiaparks zeigt eine große, rückwärts laufende Uhr an, wie viele Tage verbleiben bis das Internationale Olympische Komitee über die Vergabe der Winterspiele 2018 entscheidet. (Foto: Robert Haas)

Michael Vesper: Dass München und die bayerische Staatsregierung den Anspruch formuliert haben, die Bewerbung möglichst mit privaten Mitteln zu stemmen, war und ist ein ehrgeiziges Ziel. Jetzt sind wir bei knapp 90 Prozent der ursprünglich veranschlagten Summe von 30 Millionen.

SZ: Die Sie zwischenzeitlich auf 33 Millionen erhöht hatten ...

Vesper: Ich finde, das Ergebnis kann sich sehen lassen, zumal es ja mitten in einer tiefen Wirtschafts- und Finanzkrise zustande gekommen ist.

SZ: Sie klingen nicht sehr zuversichtlich, das Loch noch komplett mit Sponsorengeldern stopfen zu können ...

Vesper: Natürlich schließt sich jetzt, 110 Tage vor der Entscheidung, langsam das Zeitfenster. Dadurch wird das Einwerben zusätzlicher Mittel schwieriger, aber nicht unmöglich. Die Bemühungen gehen selbstverständlich weiter.

SZ: Sollte das nicht gelingen, wären die Gesellschafter in der Pflicht?

Vesper: Da gibt es ja klare Verabredungen mit den Trägern der Bewerbung.

SZ: Sie meinen, dass die Gesellschafter - der DOSB ausgenommen - für ein mögliches Defizit haften?

Vesper: Nochmal: Alle Beteiligten bemühen sich bis zum letzten Tag, weitere Mittel zu bekommen. Sollte trotzdem ein kleines Delta bleiben, greift die zwischen den Gesellschaftern geschlossene Vereinbarung.

SZ: Könnte die Bewerbungsgesellschaft auch sparen?

Vesper: Abgerechnet wird am Schluss. Das Budget, das die Gesellschafter ja einvernehmlich festgelegt haben, umfasst 33 Millionen Euro. Ich gehe davon aus, dass die Bewerbungsgesellschaft damit auskommt, dass sie diese Mittel aber auch braucht, um die nächsten Schritte bis zur Entscheidung in Durban am 6. Juli anzugehen. Da stehen noch einige Präsentationen an: Anfang April beim Sportaccord in London, im Mai die technische Präsentation beim IOC in Lausanne und schließlich die große Präsentation in Durban.

SZ: Mehr Transparenz könnte aber auch zu mehr Glaubwürdigkeit bei den Bürgern führen. War es ein Fehler, die Karten so spät auf den Tisch zu legen?

Vesper: Wir praktizieren größtmögliche Transparenz, haben alle Dokumente zeitnah veröffentlicht, Diskussionen veranstaltet, auch die Beratungen in den Parlamenten waren stets öffentlich. Allerdings befinden wir uns in einem Wettbewerb, und da gibt es Mitbewerber. Wenn der Zuschlag kommt, wird ein neues Kapitel aufgeschlagen.

SZ: Sie könnten dann den Wirtschaftsplan der Bewerbung veröffentlichen...

Vesper: Natürlich wird dann über Einnahmen und Ausgaben Rechenschaft abzulegen sein. Aber nun lassen Sie uns doch erst mal schauen, wie die Entscheidung ausfällt. Wenn München die Spiele bekommt, wäre das eine enorme Chance. Schon die Bewerbung als solche hat positive Prozesse ausgelöst. Die Sportaffinität in der Region ist gewachsen. Das habe ich auch schon erlebt, als ich Sportminister in Nordrhein-Westfalen war und die Bewerbung von Düsseldorf verantwortet habe.

SZ: Nach einer Umfrage des IOC befürworten 61 Prozent der Bevölkerung die Bewerbung, in Pyeongchang sind es 93 Prozent. Senkt das Münchens Chancen?

Vesper: Nein. Das war eine Momentaufnahme vom Dezember, als es lauter negative Nachrichten gab und unsere Kampagne mit den Fernsehspots noch gar nicht richtig begonnen hatte. Die Ski-WM, der Besuch der Evaluierungskommission, die OlympiJa-Initiative - all das kam danach. Deshalb ist es erfreulich, dass unabhängige Institute in repräsentativen Umfragen aktuell ermittelt haben, dass die Zustimmung bei rund 75 Prozent liegt.

SZ: Die Katastrophe in Japan hat die Welt verändert - ändert sie auch das Abstimmungsverhalten des IOC?

Vesper: Das ist eine so große menschliche Katastrophe, und natürlich haben wir als DOSB auch unseren Schwesterorganisationen in Japan unser Mitgefühl ausgedrückt. Ein Mitglied der Evaluierungskommission, Tsuneka Takeda, stammt ja aus Tokio. Aber ich glaube nicht, dass diese Tragödie auf die Entscheidung des IOC Auswirkungen hat.

SZ: Mit einem Zuschlag würde die Bewerbungs gesellschaft zum Organisationskomitee. Ihr Vertrag beim DOSB läuft vor 2018 aus, ebenso der von Christian Ude als OB. Ein gutes Führungsduo?

Vesper: (lacht) Mein Vertrag als DOSB-Generaldirektor ist ja gerade bis September 2016 verlängert worden. Ich bin hier mit voller Kraft und Begeisterung engagiert, über andere personelle Fragen reden wir nach dem 6. Juli.

SZ: Ein Gespann mit Christian Ude wäre doch trotzdem menschlich denkbar.

Vesper: Mit ihm verstehe ich mich ausgezeichnet. Er hat große Rot-Grün-Erfahrung, und es ist sehr angenehm, mit ihm zusammenzuarbeiten. Aber das kann man auch, wenn man nicht bei derselben Gesellschaft beschäftigt ist.

© SZ vom 18.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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