Obersendling:Aus der Ödnis wird ein Zentrum

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Besserung in Sicht: Der Ratzingerplatz in Obersendling soll zum urbanen Zentrum werden. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Wegen des anhaltenden Siedlungsdrucks in Obersendling kommt die Neugestaltung des Ratzingerplatzes und seiner Umgebung auf Touren - nach Jahrzehnten des planerischen Stillstands

Von Jürgen Wolfram, Obersendling

Unter dem Druck eines anhaltend starken Bevölkerungswachstums in Obersendling erfüllen sich nach Jahrzehnten des Stillstands die Pläne für eine Neugestaltung des Ratzingerplatzes und seines Umgriffs mit Leben. Neubaugebiete wie die Südseite, der Campus Süd oder "Am Südpark" mit Hunderten von Wohnungen erzwingen die zügige Errichtung zusätzlicher Schulen. Dringend erweitert werden muss zudem die Feuerwache 2 sowie die benachbarte Feuerwehrschule, und auch bei der Versorgung mit Läden und Praxen gilt es, Defizite auszugleichen. Ganz zu schweigen von der optischen Aufwertung des Platzes, der als der ödeste in ganz München verschrien ist.

Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung hat dem Bezirksausschuss (BA) 19 Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln einen 30-seitigen Aufstellungs- und Eckdatenbeschluss zum Bebauungsplan Ratzingerplatz präsentiert, der die genannten und weitere Komponenten enthält. Unter Verwendung von Antragstexten seiner Fraktionen verabschiedete der BA im Gegenzug jetzt mehrheitlich eine weitgehend positive Stellungnahme zur städtischen Vorlage. Zugleich war es den Stadtbezirksvertretern wichtig, appellativ einen Zeithorizont aufzuzeigen: Wenigstens in Teilen des künftigen Quartierszentrums müsse "so schnell wie möglich", spätestens aber bis 2020 etwas geschehen, vor allem bei den Schulen.

Wegen ihres gewaltigen Ausmaßes und der heterogenen Nutzung der Gegend um den Ratzingerplatz haben die Planer sie in sechs sogenannte Quadranten eingeteilt. Im ersten dieser Abschnitte nördlich der Boschetsrieder Straße und westlich der Aidenbachstraße soll die Wohn- und Gewerbenutzung dominieren. Die Fahrbahnen in diesem Bereich werden neu verschwenkt und so zusammengeführt, dass neue Freiflächen entstehen. Die einst favorisierte Idee, ein Sozialbürgerhaus in diesen Bereich zu verlegen, hat sich inzwischen zerschlagen. Im Quadrant zwei (nördlich der Boschetsrieder Straße, östlich der Aidenbachstraße) will die Feuerwehr expandieren; eine neue Grundschule mit Sportplatz ist im dritten Quadranten (östlich der Aidenbachstraße, südlich der Boschetsrieder Straße) vorgesehen. Die Schule sollte ursprünglich südlich der Gmunder Straße (Quadrant 4) entstehen, doch diese Idee ist mittlerweile obsolet. "Überraschenderweise", wie der BA-Vorsitzende Ludwig Weidinger (CSU) sagte. Stattdessen ist an der Gmunder Straße nun die Errichtung eines sechszügigen Gymnasiums geplant. Ein gänzlich neues Gesicht wird der Stadtteil rund um die ehemalige Zeppelinhalle (Quadrant fünf) bekommen, auf deren Erhaltung der BA wegen ihrer industriedenkmalartigen Erscheinung gesteigerten Wert legt. Gänzlich umgesiedelt werden soll der kommunale Straßenunterhaltsbezirk Süd. Ein Zentrum aus kleineren Läden - "keine Shopping Mall" -, Dienstleistungsbetrieben und einigen familienfreundlichen Wohnungen könnte an seine Stelle treten. Im Quadrant sechs schließlich liegt das Parkdeck der Stadtwerke München. Die SWM würden ihre Anlage gern auf 400 Stellplätze erweitern. Der BA vertritt jedoch mehrheitlich die Auffassung, dass Park-and-ride-Einrichtungen jenseits des Plangebiets besser aufgehoben wären, etwa beim S-Bahnhof Siemenswerke.

Innerhalb des Stadtteilgremiums wurden Meinungsunterschiede sowohl in Verkehrsfragen, als auch bei der Dimensionierung des neuen Gymnasiums deutlich. Vollends offen geblieben ist, welche Konsequenzen eine Verwirklichung der TramWest-Tangente für den Ratzingerplatz hätte. Bekanntlich ist die CSU so vehement gegen diese Strecke, wie SPD und Grüne dafür plädieren. Allen BA-Mitgliedern gemeinsam ist die Erleichterung, dass endlich überhaupt etwas in Bewegung kommt im Herzen Obersendlings. Richard Ladewig (FDP) warnte denn auch davor, "den Tanker, der in Fahrt gekommen ist", durch Einwände nochmal zu stoppen. Vielmehr sollte der Entwurf der Stadtplaner "möglichst schnell und möglichst komplett" umgesetzt werden. 30 Jahre mit einem hässlichen Platz gelebt zu haben, sei genug.

© SZ vom 10.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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