Null Acht Neun:Tausche Messi gegen Ministranten

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Denn diese Woche hat die Erzdiözese Einblicke in ihr Vermögen gewährt. Es umfasst mehr als sechs Milliarden Euro. Die Kirche sollte jetzt an Wiedereinstiegsprämien für Ausgetretene denken

Von Rudolf Neumaier

Die Männer, die einmal das Drehbuch für katholische Messen geschrieben haben, die sogenannte Liturgie, haben das geschickt eingefädelt: Erst das Sündenbekenntnis, dann die Frohe Botschaft, danach die Predigt, das Glaubensbekenntnis, gefolgt von den Fürbitten, und dann, Herrschaften, kommen wir kurz zum Geschäftlichen - die Geldsammlung. Das Prinzip dahinter war, dass der Zahlende immer etwas für seine Kirche tut und letztendlich die Zeit im Fegefeuer verkürzen kann. Vor sehr langer Zeit haben das die Leute jedenfalls geglaubt und der Kirche viel Geld gegeben oder ihr Hab und Gut vermacht.

Man darf gespannt sein, wie es diesen Sonntag laufen wird in den Kirchen. Gleich nach den Fürbitten werden die Ministranten ausschwirren, während das Volk "Was uns die Erde Gutes spendet" singt, klassisches Gotteslob-Liedgut zur Gabenbereitung. Und sie werden umfunktionierte Körbe in die Bankreihen tragen. Die interessante Frage betrifft nun den Inhalt der Körbe. Sie werden doch hoffentlich nicht wieder leer sein, damit die Leut' es mit Zwanzgerln oder Fuchzgerln füllen? Die Pfarrer werden, wenn sie nicht komplett unsensibel sind, diesmal geweihte Schokoriegel hineinlegen, eine frische Breze oder eine Kaminwurzn, mit Zetteln dran: Danke, ihr habt erst mal genug gespendet!

In dieser Situation ist die ganze Kreativität des Klerus gefragt. Denn diese Woche hat die Erzdiözese Einblicke in ihr Vermögen gewährt. Es umfasst mehr als sechs Milliarden Euro. Die Geistlichkeit war selbst überrascht, hat nun aber Möglichkeiten, verlorene Sympathien für die Kirche von München und Freising zurückzuerobern. An Wiedereinstiegsprämien für Ausgetretene wäre zu denken. Auch an Win-win-Geschäfte: Wir bauen euch einen Konzertsaal, dafür verpflichtet sich jeder Konzert-Abonnent, wieder an den Sakramenten teilzunehmen, inklusive Beichte. Wir kaufen dem FC Bayern den Fußballer Messi und den Löwen ein Stadion, dafür verpflichten sich die Fanklubs beider Vereine, in jeder Dorfkirche vier Burschen als Ministranten abzustellen. Früher mussten die Leute Geld mitbringen, um ihre Seelen vorm Fegefeuer zu bewahren. Heute kann die Kirche sie dafür bezahlen, wenn sie kommen. Das Seelenrettungsgeschäft ist schließlich ihr verdammter Auftrag.

© SZ vom 25.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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