Null Acht Neun:Mein Freund, der CSU-Kandidat

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Unser Kolumnenautor hat einen neuen Wegbegleiter: An Wolfgang Stefinger und seinen Wahlplakaten kommt kaum einer vorbei. Ob er etwas dagegen hat, wenn man ihn einfach "Stefi" nennt?

Von Christian Mayer

Seit ein paar Wochen habe ich einen neuen Freund. Täglich begleitet er mich, wenn ich in den östlichen Stadtvierteln unterwegs bin; egal, wo ich bin, er ist immer für mich da. Der Freund und Wegbegleiter ist jünger und präsenter als ich, außerdem besser angezogen und super frisiert. Er trägt eine modische Brille, leicht rötliches Haar und einen kurzen Jungmännerbart, den man als urban bezeichnen könnte; wenn er lächelt, hat er ganz kleine Äuglein. Er lächelt übrigens nicht immer, manchmal studiert er bei gedämpftem Licht irgendwelche Drucksachen, dann sieht er so ernsthaft und würdevoll aus wie ein amerikanischer Kriegspräsident im Film, kurz bevor er den Befehl zum Angriff gibt.

Mein neuer Freund heißt Wolfgang Stefinger, er hat einen Doktortitel, auf den er sehr stolz ist, sonst würde er ihn nicht bei jeder Gelegenheit erwähnen, selbst wenn er mir, ohne seine modische Brille, nur schöne Ferien wünscht. Ich hoffe, er verzeiht mir, aber ich nenne ihn Stefi, das finde ich plakativer. Bei Stefinger weiß ich als Nichtbayer nicht genau, wie man das ausspricht, und ich will den Namen keinesfalls verhunzen, also aus dem Stef-Inger einen Steh-Finger machen.

Mit Namen soll man keine Scherze treiben, was in diesem Fall allerdings schwierig ist, weil der Stefi mit seinen Fingern immer was anstellt; er benutzt sie, um seine soziale Kompetenz zu signalisieren, ein grundlegendes Verständnis für Menschen aller Altersstufen und aller Schichten, deshalb bildet er aus Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger eine Art Dreizack, und dabei strahlt er richtig bubenhaft. Der Stefi trägt manchmal übrigens eine körperbetonte braune Lederjacke, wie die schlanken Männer in der Konen-Werbung. Ich muss auch mal wieder zum Konen. Aber ob ich den Mut habe, mir so eine Lederjacke zu kaufen?

Eigentlich gehört der Stefi, was sein Äußeres angeht, in die Lindner-FDP. Deshalb hat es mich erst etwas gewundert, dass er für eine andere Partei im Bundestag sitzt, seit vier Jahren schon. In den Bundestag will er unbedingt wieder rein, deshalb kleben seine Leute ja die halbe Stadt voll mit diesen Stefi-Bildern. Ich kannte bisher vor allem den Gauweiler, der phänotypisch eindeutig in die CSU gehört, in der auch der Stefi sein Glück gefunden hat, doch der Gauweiler hat seine Bundestagskarriere aufgegeben und verdient jetzt noch mehr Geld als Anwalt.

Ich kenne auch den Singhammer, der Vater unzähliger Kinder ist und daher als Familienexperte seiner Partei manchmal in den Nachrichten auftauchte, wenn sonst nichts los war. Auch der Singhammer hört jetzt auf, was ich schade finde, denn ich bin ihm einmal begegnet, im Laden von Rudolph Moshammer in der Maximilianstraße. Der Mosi, Gott hab ihn selig, überreichte dem Singhammer damals eine beeindruckend scheußliche Deutschlandkrawatte, die dieser dann stolz im Bundestag präsentierte.

Der Stefi, da bin ich ganz sicher, würde so eine Krawatte höflich entgegennehmen, aber niemals tragen. Nicht mal beim Truderinger Volksfest.

© SZ vom 26.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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