Null Acht Neun:Klingeling, der Müll ist da

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Im Leben versucht man, nicht zu viel Abfall anzuhäufen. Doch was tun, wenn der Lieferservice plötzlich vier riesige Tüten mit Plastikpackungen vorbeibringt?

Von Vera Schroeder

Das Leben als Stadtmensch ist ja auch immer ein Leben, in dem man versucht, nicht zu viel Müll anzuhäufen. Ein paar Dinge stehen da auf der roten Liste. Feuchttücher für über Dreijährige zum Beispiel. Oder auch: Lieferserviceessen, Plastikschalenhölle.

Seit Kurzem nun gehören Menschen auf dem Fahrrad mit großen viereckigen Rucksäcken in pink oder grün fest zum Stadtbild. Foodora oder Deliveroo, Lieferservices, die via Mausklick das Essen aus dem Lieblingsrestaurant bringen. Müll macht die Sache natürlich trotzdem, aber als die Mutter und der Sohn letztens kränklich zu Hause rum saßen, waren sie einfach zu faul, um noch mal rauszugehen. Mutter und Sohn einigen sich auf Maki-Sushi. Nach 45 Minuten klingelt es, der Sohn nimmt das Essen entgegen und hat vier volle Tüten und eine Flasche Sekt in der Hand. In den Tüten finden sich neben diversen Packungen Maki auch Teriyakispieße, Currygerichte und Algenhaufen, genug für etwa 15 Leute.

Bei Foodora gibt es keine Telefonnummern, also schreiben wir eine Alarmmail ins nirgendwo. Der Magen knurrt, das Curry duftet und der Sohn beschließt, dass man mindestens das, was der eigenen Bestellung im Groben ähnlich ist, nun doch anfangen sollte zu essen. Nach einer Stunde liegen die Mutter und der Sohn erschöpft und vollgefressen auf dem Sofa. Die Mutter schläft ein, sie träumt von Plastikbergen, die sich in menschgroßes Sushi mit Monstergesichtern verwandeln, auf der Jagd nach kochfaulen Vereinbarkeitslügnerinnen. Eine Stunde später klingelt es wieder. Der junge Mann von Foodora hält eine kleine Tüte mit der richtigen Bestellung in der Hand. "Aber wir haben das andere jetzt schon angegessen." - "Kein Problem, die kriegen auch Neues." Mit sehr viel Einsatz lässt sich der Mann überreden, die Nachlieferung wieder mitzunehmen.

Am nächsten Tag schmeißt die Mutter vier riesige Tüten mit Plastik und sehr viel Essen in die Mülltonne im Hof. Auf dem Weg zum Einkaufen kommt sie an einem kleinen Mülleimer vorbei. Die fünfte Foodora-Tüte lugt noch heraus. Auf der Straße fährt ein pinker Kastenrucksack vorbei. Der Motor seines stinkenden Mofaauspuffs durchknattert die Stille.

© SZ vom 22.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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