Ausbildung:Nachwuchs für die Denkfabrik

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Siemens eröffnet am Otto-Hahn-Ring sein neues Ausbildungszentrum. Der Konzern reagiert damit auf die Herausforderungen durch die Digitalisierung der Arbeitswelt

Von Hubert Grundner, Neuperlach

Seit 30 Jahren ist Siemens mittlerweile in Neuperlach-Süd präsent. Von Anfang an sei dieser Standort als "Denkfabrik" gedacht und gebaut worden. Daran erinnerte Vorstandsmitglied Janina Kugel am Mittwochnachmittag bei der Eröffnung des neuen Ausbildungszentrums am Otto-Hahn-Ring. Aus gutem Grund. Denn der Denkfabrik dürfen die Rohstoffe nicht ausgehen, will der Konzern auch in Zukunft erfolgreich sein und gegen die globale Konkurrenz bestehen. Und die dringend benötigten Rohstoffe in Form von Ideen, Know-how, Leistungsbereitschaft und Teamgeist sollen eben im Ausbildungszentrum gefördert werden.

Bereits der Auftritt Kugels, die als Arbeitsdirektorin weltweit für rund 340 000 Siemens-Mitarbeiter zuständig ist, signalisierte die Bedeutung, welche dem Projekt beigemessen wird. "Die Digitalisierung verändert unser Arbeitsumfeld - ob wir wollen oder nicht", beschrieb Kugel die aktuell größte Herausforderung. Und zwar rasend schnell, wie man hinzufügen könnte. Auch dafür hatte sie ein Beispiel parat: So habe es im Jahr 2006 Computer-Apps noch gar nicht gegeben. Inzwischen aber sei daraus ein Markt mit einem Jahresumsatz von 80 Milliarden Dollar geworden. Gleichzeitig entstünden innerhalb weniger Jahre komplett neue Berufe, während andere verschwänden. Kontinuierliches Lernen ist deshalb nach Ansicht der Arbeitsdirektorin unverzichtbar. Die Voraussetzungen dafür, so Kugel, wolle man in Neuperlach schaffen.

Rund zehn Millionen Euro hat das Unternehmen in den Umbau der vorhandenen Gebäude zu einer modernen Lehrstätte investiert. Entstanden sind nach neun Monaten Bauzeit technisch hochwertig ausgestattete, helle Arbeitsplätze und Lernlabore, in denen die bisher über das Stadtgebiet verteilten Ausbildungseinheiten zusammengeführt wurden. Künftig werden hier knapp 800 Nachwuchskräfte in gut 20 Berufsbildern unterrichtet. Vier Fakultäten mit eigenem Schulungsbetrieb bieten eine breite Palette an Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten im IT-, Metall-, Elektro- und kaufmännischen Bereich an und machen einen Bachelor- oder auch MBA-Abschluss möglich. Insgesamt sind am Standort Neuperlach-Süd, inklusive einiger Fremdfirmen, rund 8000 Menschen beschäftigt.

"Es ist wichtig, unsere Ausbildung in Deutschland, die bereits einen sehr hohen Qualitätsstandard hat, kontinuierlich zu modernisieren, um den Auszubildenden und Ausbildern ein ansprechendes und motivierendes Lernumfeld zu bieten", sagte Thomas Leubner, Leiter der Siemens Professional Education, bei der offiziellen Eröffnung vor rund 100 Gästen aus Wirtschaft und Politik. "Unser neues Ausbildungszentrum ist optimal gerüstet, um sich den Herausforderungen aus dem technologischen Wandel hin zu Industrie 4.0 zu stellen." Neben den IT-Kompetenzen, die vermittelt würden, seien aber auch - "wenn man dann vom Digitalen wieder ins Reale springt" - die "Soft Skills" wie Teamfähigkeit und kommunikative Kompetenz immens wichtig, betonte Leubner.

"Um die duale Ausbildung beneidet uns die Welt", stellte Stadträtin Bettina Messinger (SPD) fest, die stellvertretend für Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) zur Eröffnungsfeier gekommen war. Am Otto-Hahn-Ring sehe man, was es heißt, Investitionen in die Zukunft konkret umzusetzen. Das Ausbildungszentrum sei ein "neuer Meilenstein", nicht nur für Siemens: Die in Neuperlach-Süd gebündelte Kompetenz werde auch von vielen anderen Münchner Unternehmen genutzt, die hier ihre Fachkräfte ausbilden lassen. Messinger wünschte Siemens überdies, dass am Ende nicht nur erfolgreiche Absolventen das Ausbildungszentrum verlassen, sondern echte Persönlichkeiten.

An Talent scheint es den Jugendlichen und jungen Erwachsenen jedenfalls nicht zu mangeln, wie auch der Auftritt von Lena Rasch oder der Tanzgruppe des Theresia-Gerhardinger-Gymnasiums bewies. Nicht zuletzt unterhält Siemens Kooperationen mit dieser sowie vielen anderen Schulen und Universitäten in Deutschland und der restlichen Welt. Bildung ist für Janina Kugel der Garant für Beschäftigung: "Bildung ist das, was einem keiner mehr wegnehmen kann."

© SZ vom 27.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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