Nach S-Bahn-Gewalt in Solln:Hilflos am Bahnsteig

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Die Notrufsäule am S-Bahnhof in Solln funktioniert nicht. Das konterkariert die Forderungen der Politik nach mehr Sicherheit. Schuld will keiner sein.

Bernd Kastner

Man könnte es eine Posse nennen, wäre es auch nur ein bisschen lustig. Da diskutieren seit Jahr und Tag Politiker über mehr Sicherheit im Öffentlichen Nahverkehr, und immer, wenn es zu einer spektakulären Gewalttat auf einem Bahnhof kommt, werden sie noch energischer und lauter und fordern: mehr Polizei in den Zügen, mehr Videokameras, am besten überall, und die Bahnbetreiber feiern sich dann sehr gern, wenn sie wieder irgendwo eine Anlage installiert haben und für noch mehr Wohlbefinden sorgen.

Die Notrufsäule am Bahnhof in Solln funktioniert nicht. Schuld daran will keiner sein. (Foto: Foto: dpa)

Problem besteht seit Jahren An Notrufsäulen denken die fürsorglichen Politiker, so scheint es, schon gar nicht mehr, vielleicht gehen sie davon aus, dass es sie in ausreichender Zahl gibt - und dass sie funktionieren.

Ein Trugschluss ist das, wie man wenige Meter neben dem Tatort auf dem Bahnsteig in Solln sehen kann. Dort steht eine rot-blaue Säule, oben prangen die Logos der Deutschen Bahn und der Bayerischen Oberlandbahn, es steht SOS drauf - und etwas darunter klebt ein gelbes Schild: "Außer Betrieb". Dasselbe gilt für etwa 20 weitere Säulen auf anderen DB-Bahnhöfen, die die BOB auf dem Weg in die Berge anfährt. Seit Jahren ist das so, und es hat keinen gestört, zumindest keinen der Verantwortlichen.

Suche nach den Verantwortlichen Wer aber ist überhaupt verantwortlich? Staatsbahn oder Privatbahn? Bahn-Behörden in Bayern oder im Bund? Das Wirtschaftsministerium? Niemand will zuständig sein, DB und BOB schieben sich in einem peinlichen Spiel gegenseitig die Schuld an der Misere zu.

Dem Minister fällt ziemlich spät auf, dass in Solln und anderswo einiges schief gelaufen ist. Wer auch immer schuld ist, er kann froh sein, dass wohl auch eine angeschaltete Notrufsäule den Tod von Dominik Brunner nicht verhindert hätte. Aber es kann jeden Tag passieren, dass ein Fahrgast einen solchen SOS-Knopf braucht. Dringend.

© SZ vom 18.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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