Münchner Momente:Tückisches Tattoo

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In Computernetzwerken kann ein falsch programmierter Buchstabe verheerende Folgen haben. Aber das lässt sich meist beheben. Blöd hingegen ist es, wenn bei einem Tattoo mit chinesischen Schriftzeichen etwas schiefgeht

Von Thomas Anlauf

Heutzutage muss man schon höllisch aufpassen, was man schreibt. Ein falsches Wort genügt, und die Welt kann aus den Fugen geraten. Ach was, ein falscher Buchstabe! Das bekamen ja gerade die Computerspezialisten der Stadt zu spüren, die kürzlich den neuen Server der Verwaltung mit nur einem kleinen Tippfehler komplett lahmlegten. Kann ja mal passieren, allerdings hatte der Münchner Server-Knockout fatale Folgen: nicht nur für die Beamten, die plötzlich wieder einen Stift in die Hand nehmen mussten. Der städtische Totalausfall traf die Tourismusbranche mit voller Wucht.

Denn natürlich bemerkt der Münchner immer erst drei Tage vor dem Sommerurlaub, dass der Pass schon wieder abgelaufen ist, von der Waschmaschine ausgewaschen oder vom Hund aufgefressen worden ist. Kaum einer konnte in diesem Sommer in die Ferne reisen, weil das Passamt kurzfristig unpässlich war. Seither drücken sich zahllose Münchner mit dunklen Sonnenbrillen in abgelegenen Straßenschluchten herum, um nicht als Daheimgebliebene erkannt zu werden. Die nötige Urlaubsbräune gibt's am geheimen Baggersee bei Hallbergmoos und Mitbringsel für die Lieben nebenan im Flughafen-Shop. Manche Münchner haben sich sogar beim Tätowierer extra ein wenig weite Welt auf den gebräunten Körper ritzen lassen, um nach dem peinlichen Daheimurlaub im Büro zumindest ein wenig exotisch daher zu kommen.

Doch vor Spontan-Tattoos sei dringend gewarnt, so leicht kann etwas schief gehen. Wie bei der jungen Frau, die sich chinesische Zeichen in die Haut pieksen ließ: Die sollten für Berge, Vögel und Natur stehen, Asien-Lyrik auf dem Arm halt. Das Ergebnis ist dem Vernehmen nach ganz hübsch geworden. Aber jedes Mal, wenn in der Uni Studenten aus China das frische Tattoo sahen, brachen sie in seltsames Kichern aus. Einen der chinesischen Sprache Mächtigen stellte die Frau schließlich zur Rede, was an der Tätowierung denn so komisch sei. Der erklärte ihr, die Schriftzeichen bedeuten übersetzt schlicht "Bergbahn-Ticket bezahlen". In der Haut der jungen Frau möchte man nicht stecken.

© SZ vom 28.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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