Münchner Momente:Slow-Dog statt Tempowahn

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Warum schnell radeln, wenn man auch einen Hund dabei haben kann?

Von Dominik Hutter

Die Welt ist hektisch und daher höchst ungesund. Galt einst nur der Autofahrer mit seinem Tempowahn als Beispiel für eine durch und durch verdorbene Lebensweise, hat es inzwischen auch die Radfahrer erwischt: Mit Forderungen nach kreuzungsfreiem Ausbau ihrer Wege, nach Hochgeschwindigkeitstrassen, Abbiegespuren und grünen Wellen eifern sie ihrem eigenen Feindbild nach und machen sich so zum Büttel einer Gesellschaftsform, in der es nur noch um Effizienz geht. Wer hat da noch Augen für die schönen Dinge - für Blümlein, die anmutig am Wegesrand mit dem Wind nicken?

Auch beim Essen ging es früher mal sehr lieblos zu. Bis sich, ausgehend vom norditalienischen Städtchen Bra, die Slow-Food-Bewegung des Themas annahm und dem Stoffwechsel wieder die nötige Besonnenheit verschrieb. Die Idee hat Nachahmer gefunden: Auf Münchner Radwegen hat sich längst eine Gegenbewegung zum Tempowahn etabliert. Radelnde Rentner mit Tapferkeitsmedaille sind darunter, überzeugte Klapp- und Klapperradbesitzer sowie - als Speerspitze - die Anhänger der Slow-Dog-Theorie. Ihre Masche: Einfach den Hund gemütlich neben dem Velo herlaufen lassen. Das bremst den Verkehr und blockiert obendrein alle Überholversuche der hektischen Wüstlinge von hinten. Die Lebensqualität ist wiederhergestellt.

Wer nun glaubt, die Straßenverkehrsordnung sei auf Seiten der Raser, hat sich getäuscht. Zwar sind Haus- und Stalltiere, die den Verkehr gefährden könnten, von der Straße fernzuhalten. Hunde dürfen aber von Fahrrädern aus geführt werden, sofern ihr Besitzer alles unter Kontrolle hat - ein Passus, der mutmaßlich aus Tierschutzgründen nicht gilt, wenn der Halter im Auto oder auf einem Motorrad sitzt.

Der Slow-Dog auf dem Radweg ist also völlig legal, möglicherweise sogar in einer Rolle als Zugtier. Ob er, solchermaßen zum Verkehrsteilnehmer gekürt, eine Promillehöchstgrenze einhalten sowie Grundkenntnisse bei den Vorfahrtsregeln nachweisen muss, ist nicht bekannt. Allerdings empfiehlt sich eine Nachschulung zum Kampfhund. Damit der gemeine Kampfradler kein Opfer, sondern einen Gegner hat.

© SZ vom 29.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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