Münchner Momente:Mit Hilfe des Fußballgotts

Wirklich bibelfeste Fußballer wissen einfach, dass der, der sich selbst erhöht, erniedrigt wird, und dass die Letzten die Ersten sein werden

Von Günther Knoll

Und macht fest die wankenden Knie . . ." Als Jesaja das schrieb, wusste man noch nichts von Fußball. Die Verse sollten das geschwächte Volk Israel nach der Rückkehr aus der Verbannung aufrichten. Liest man die Worte des Propheten aber weiter, dann könnte man sie auch als Teil einer Kabinenansprache eines Motivationskünstlers wie Jürgen Klopp verstehen: "Dann werden die Lahmen springen wie ein Hirsch", lautet nämlich die Verheißung. Leider muss man annehmen, dass dem Betreuer der kickenden Priester und Diakone aus dem Erzbistum München und Freising dieser Bibelspruch im rechten Moment einfach nicht einfallen wollte. Denn bei den Bayerischen Klerusmeisterschaften, welche die sieben Bistümer im Freistaat seit Jahren austragen, wurde die Marx-Truppe diesmal Letzter, nachdem sie 2014 erst im Finale gegen Passau nach Elfmeterschießen verloren hatte.

Nun kann man sicher sein, dass es dem kickenden Seelsorgepersonal am allerwenigsten an göttlichem Beistand fehlt. Doch weil auch an himmlischer Gerechtigkeit an sich kein Zweifel bestehen kann, wird dieser Beistand allen Bistümern zuteil. Zweifler fragen sich, warum dann aber die Mannschaft aus München und Freising nur ein einziges Mal auf der Siegerliste der vergangenen 20 Jahre auftaucht. Wird der Teamgeist durch sozusagen vereinsinterne Rivalitäten gestört, die noch aus Zeiten rühren, als der Bischofssitz aus der ehrwürdigen Domstadt nach München verlegt wurde? Nein, Glaube kennt kein Nachtreten. Wirklich bibelfeste Fußballer wissen einfach, dass der, der sich selbst erhöht, erniedrigt wird, und dass die Letzten die Ersten sein werden. Trotzdem, zum Trost noch einmal Jesaja: Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft.

© SZ vom 19.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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