Münchner Momente:Leerstand und viele Nullen

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In München gibt es angeblich Millionen freier Wohnungen

Von Katja Riedel

Verschwörungstheoretiker haben es schon lange gewusst. Doch die Politik hat die Wahrheit lange unter dem Deckel gehalten. Ähnlich wie die Klimaerwärmung ist auch das Münchner Wohnungsproblem eine Erfindung. Denn in München gibt es einen gigantischen Leerstand: drei Millionen freie Wohnungen, Ferienappartements. So meldet es jedenfalls das neue Vergleichsportal mit dem vielsagenden Namen "Holidu" in einer harmlos daherkommenden Pressemitteilung. Dahinter steckt ein Skandal, den bisher niemand aufgegriffen hat. Man braucht keine prophetischen Gaben, um vorauszusagen, dass sich das nun ändert.

Die sozialen Netzwerke werden unter dem Hashtag #leersan's heiß laufen. Die Frage heißt: Wer hat wann davon gewusst (Ausmaß? Zahlen?), und wer hat die Wahrheit den Münchnern wie den Zuzüglern, die es in die Landeshauptstadt drängt, verschwiegen? Wer profitiert davon (Makler? Immobilienbesitzer? Wittelsbacher?). Oder ist es gar eine Verschwörung globalen Ausmaßes, hinter der Google, CIA und Mossad stecken, gedeckt von der Bundeskanzlerin und dem bayerischen Ministerpräsidenten?

Im Rathaus wird OB Dieter Reiter bereits am Montag eine Taskforce einsetzen, um die Vorgänge rückhaltlos aufzuklären. Der Stadtrat wird noch in der kommenden Woche im Amt für Wohnen und Migration 87 Stellen für neue Kontrolleure schaffen, die an den betreffenden Haustüren arabische Medizintouristen und Shoppinggäste aus China aus den Betten jagen. Reiter, Schmid und Co wird das alles nichts nutzen. Zugleich wird bei der Staatsanwaltschaft München die erste Strafanzeige eingehen. Gegen die Stadtspitze, weil sie das Zweckentfremdungsgebot, geltendes Recht also, jahrelang nicht umgesetzt hat. Der öffentliche Druck wird zunehmen. Vor dem Sitzungssaal hat sich längst die Protestgruppe Freeflatmunich versammelt, mit Transparenten, auf denen durchgestrichene Rollkoffer und Rücktrittsforderungen prangen. Bei Twitter und Facebook müssen Hasskommentare gelöscht werden. Die Stadtspitze zieht die politischen Konsequenzen. Es gibt OB-Neuwahlen. Dann kommt der Untersuchungsbericht der Taskforce heraus. Die drei Millionen Wohnungen waren überzogen. Tatsächlich waren es gerade einmal 3000.

© SZ vom 11.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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