Münchner Momente:Kein Alkohol beim Kiffen!

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In der U-Bahn kann man ja manchmal gar nicht anders als Gespräche zu belauschen. Kurios, was man da so alles hört

Von Johann Osel

Es gehört sich nicht, fremde Leute im Bus oder in der Tram zu belauschen. Allerdings: Zusammengepfercht im Nahverkehr, gar in einer Sitzgruppe, bleibt oft kaum eine Wahl, selbst wenn man demonstrativ aus dem Fenster glotzt. Ein schweres Schicksal haben diesbezüglich Reporter, ihr Job ist es schließlich, neugierig zu sein auf die Geschichten anderer Menschen. Wer also im Bus jemanden sieht, der mit gespitzten Ohren und gespitztem Bleistift scheinbar unauffällig herumsitzt, der hüte sich vor dem Ausplaudern von Privatheiten, die privat bleiben sollen.

Zu den gespitzten Ohren und dem gespitzten Bleistift gehört auch ein Buch, in dem sich Kuriositäten finden, die es wert waren, in Stichpunkten notiert zu werden. Zu nennen wären die zwei Arbeiter, sie erinnern sich an die Streiche, die sich Scherzbolde in der Belegschaft gegenseitig spielten. Da hat der eine dem anderen ein Stück Romadur in den Spind gelegt, ganz hinten, das Opfer dieser Tat soll den Stinkekäse erst gefunden haben, als es bestialisch stank. Er soll sich aber angemessen gewehrt haben und in der Brotzeitsemmel des Übeltäters, wo normal ein gutes Stück Butter hineingehört, das Industriefett zweckentfremdet haben, das wiederum in die Maschinen gehört hätte. Unter den besten Bus-Gesprächen finden sich auch Mutter und Sohn, es geht um ein Treffen des Teenagers mit Freunden. Die Mutter ist streng: "Du weißt, keinen Alkohol", so lautet die klare Ansage, "falls ihr kifft".

Seltener als Albernheiten und Missverständnisse sind natürlich wunderschöne Geschichten. Neulich im Bus, vom Ostbahnhof Richtung Giesing. Ein Ehepaar, mindestens Mitte 70, sitzt im Bus nebeneinander. Alle paar Minuten sagt der Mann etwas, die Frau wiederholt das zuweilen, mit einem Nicken. An der Lothringerstraße sagt der Mann: Da hat doch der Hans gewohnt, der Eisenbahner. "A scho g'storben". Die Frau wiederholt: "A scho g'storben". Pause. Der Bus ist in der Auerfeldstraße. Da habe er als Kind immer gespielt, mit der Klara, erinnert sich der Mann. "Die Klara, a scho g'storben." Die Frau wiederholt nachdenklich: "A scho g'storben". Wieder eine Pause, dann ergreift die alte Dame selbst das Wort: "Aber, ge, wir noch ned so schnell."

© SZ vom 22.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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