Münchner Momente:Großartige S-Projekte

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Das Interesse Barcelonas an München hält sich stark in Grenzen - und umgekehrt im Prinzip auch. Dabei haben die beiden Städte eines gemeimsam: 2026 wird für sie ein ganz besonderes Jahr

Von Thomas Urban

Keine Kamerateams, keine Reporter - für die Stadt München interessieren sich die katalanischen Medien so gut wie überhaupt nicht mehr, seitdem der allerberühmteste aller lebenden Katalanen, Pep Guardiola, die Bayern verlassen hat. Doch nun ist es Zeit, dass man aus ihrer Metropole Barcelona wieder schaut, was an der Isar vor sich geht. Beide Städte haben nämlich ein gemeinsames Ziel, im Jahr 2026 will jede ihr großartiges S-Projekt einweihen: S-Bahnröhre Nummer 2 und Sagrada Família, die der Heiligen Familie geweihte Kathedrale des Märchenarchitekten Antonio Gaudí, an der schon 135 Jahre herumgewerkelt wird. Das darf den S-Bahnröhrenbauern auf keinen Fall passieren, sie müssen ja beweisen, dass man in München Großprojekte kann.

Dabei machen es sich die Katalanen ziemlich einfach: Sie bauen überirdisch. Ihre Metro ist längst fertig. Sie sind nicht auf die Idee gekommen, die wichtigsten Strecken zu bündeln. Sie wundern sich aber auch nicht darüber, dass die Münchner auf diese Idee gekommen sind. Denn sie wissen nichts davon, keine Zeitung in Barcelona hat je darüber berichtet, Guardiola fuhr nicht S-Bahn. In den Zeitaltern vor und nach ihm (abgekürzt: v. G. und n. G.) gab es nur ein Münchner Thema, das es ab und an in die Medien in der Nordostecke Spaniens geschafft hat: la Festa d'octubre und seine Fährnisse. Da wurde auch Guardiola gesichtet. Seine Landsleute erfuhren, dass sie rettungslos zu spät dran wären, wenn sie im Oktober auf die Theresienwiese kämen.

Einen kleinen Schritt waren die Barceloner den Münchnern voraus: Sie haben vor längerer Zeit einen Trickfilm drehen lassen, wie alles 2026 aussehen soll, wie all die Türme in den Himmel schießen. Er steht im Internet unter dem aufrüttelnden Motto "Construïm el demà" (Wir bauen das Morgen). Doch nun haben die Münchner nachgezogen mit einer Animation, die sogar noch eins draufsetzt: Denn sie zeigt auch Menschen, veritable Fahrgäste, zwar computeranimiert, aber fast lebensecht. Dagegen geht bei der Kathedrale in Barcelona alles wie von Geisterhand vor sich. Das liegt in der Natur der Sache, die Katalanen können auf den Beistand des Heiligen Geistes setzen. In München dagegen ist man überwiegend unterirdisch zugange, und mit den Kräften da unten will man sich nicht einlassen. Und wenn anno 2026 n. C. (= 10 n. G.) die beiden großen S fertig sind, können die Münchner zum Dankgebet in die Sagrada Família kommen, während die Barceloner über die S-Bahnröhre 2 den Weg zur Festa de octubre finden. Unter Führung des ortskundigen großen G.

© SZ vom 25.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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