Ein nicht ganz unbedeutender Wesenszug des Bairischen ist die ihm innewohnende Direktheit. Das ließe sich an einer ganzen Reihe von Flüchen und Schimpfwörtern belegen, die unmissverständlich den Standpunkt des Sprechers deutlich werden lassen. Aber auch der Gebrauch des "Du" im Gespräch mit Wildfremden zeugt von der Lust an der ungezwungenen Konversation. Anders herum gesagt: Die Pflege des hochgestochenen, höflichen Rumgeschwurbels ist die Stärke des Bairischen nicht.
Das gilt grundsätzlich auch für die Bayernpartei im Stadtrat, die besonders im Umgang mit den Grünen die ihr innewohnende Direktheit großzügig auslebt. Deshalb ist es umso bemerkenswerter, wie sprachlich dezent sie von der Stadt fordert, dass an Schulen und Kitas das Bairische besser gefördert werden solle. Noch viel bemerkenswerter ist aber die etwa acht Seiten lange Antwort des Bildungsreferats, ein Hochamt des hochgestochenen, höflichen Rumschwurbelns. Ein kurzer Auszug: "Worin die Identität einer Person besteht, wird von verschiedenen Disziplinen, in erster Linie der Philosophie, der Psychologie und den Kulturwissenschaften, diskutiert, ohne dass verbindliche Definitionen dazu bestünden."
Nach mehrmaligem Lesen des Schreibens durch den des Bairischen ebenso wie des Deutschen mächtigen Autors vermutet dieser folgende Kernbotschaft: "Wir haben an den städtischen Schulen ganz andere Probleme und zudem kaum Lehrer, die das Bairische beherrschen. Die können schon mal was dazu machen, wenn sie Lust haben, die Schüler interessiert es eh nicht." Dem Duktus des Schreibens entnimmt er noch eine Subbotschaft, die natürlich von den Verfassern keineswegs beabsichtigt war. Aus Platzgründen hier die direkte, bairische Variante: "Ihr könnts uns mal mit euerm Boarisch-Schmarrn."