Münchner CSU:Flatterhaft und abgestürzt

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"Wir müssen aufgeschlossener werden": Auch in der Münchner CSU gibt es nach den Verlusten Kritik am Wahlkampfstil von Horst Seehofer.

Bernd Kastner

Die Münchner CSU wird mit einer Opa-Truppe nach Berlin ziehen. Gewiss, dies so zu formulieren, ist nicht galant, aber nach der Logik des Parteivorsitzenden ist es nun mal so: Drei der vier Gewählten sind sechzig oder älter - Hans-Peter Uhl, 65, Herbert Frankenhauser, 64, Peter Gauweiler, 60 - und Horst Seehofer hat vor Jahresfrist in seinem Kabinett gezeigt, wohin er Polit-Senioren am liebsten schickt: in Rente.

"Danke": In der CSU ist kaum jemand mit dem Votum der Wähler zufrieden. (Foto: Foto: ddp)

Johannes Singhammer ist mit seinen 56 Lenzen der Berliner Benjamin. "Das war auch ein Fehler", sagt Uhl über das Altersdogma des Parteivorsitzenden, und das Wörtchen "auch" weist den Weg in einige Debatten, die der CSU bevorstehen dürften.

Es rumort in der einstigen Staatspartei, auch in München, und dabei ist die Alt-Eisen-Politik Seehofers nur ein Steinchen in einem Ursachen-Mosaik, das sich im sonntäglichen "Desaster" (Münchens Parteichef Otmar Bernhard) abbildet: 32,1 Prozent an der Isar - minus 5,4 Punkte. Einen "großen Fehler" etwa nennt Uhl das wochenlange Eindreschen des Ministerpräsidenten auf seine FDP-Minister, und das, obwohl man doch unbedingt schwarz-gelb wollte.

Dass diese Taktik töricht war, scheint weitgehend Konsens zu sein in der schwarzen Truppe. "Nicht so intelligent" sei diese Strategie gewesen, formuliert Gauweiler, und sein Kollege Frankenhauser sagt klipp und klar: "Ich halte das für den Hauptgrund der Verluste."

Rückblickend dürfte die FDP frohlocken über die Prügel, denn es sind ihr laut städtischer Wanderungsanalyse allein in München 19.300 ehemalige CSU-Wähler zugelaufen. Das macht fast die Hälfte der christsozialen Verluste aus. Eine andere Zahl ist nicht viel erfreulicher für die CSU: 15.700 ihrer bisherigen Wähler sind diesmal zu Hause geblieben. Dazu passt, dass Frankenhauser im Münchner Osten ein spürbares "Desinteresse" an der Wahl feststellte.

Vielleicht rührt das auch daher, dass viele nicht wussten, was sie mit der CSU wählen. "Flatterhaft" nennt Uhl die Politik der letzten Monate. "Wofür stehen wir?" Der ehemalige Kreisverwaltungsreferent geht noch tiefer in der Ursachenforschung und landet so beim "Beharrungsvermögen" auf überholten Positionen, das er in Teilen der CSU beobachte.

Der Umgang mit Schwulen beispielsweise oder mit Migranten - "wir müssen aufgeschlossener werden". Immerhin, die München-CSU sei der Gesamt-Partei voraus, betont Uhl: "Damit haben wir in der Großstadt kein Problem mehr." Wenn eine Selbstverständlichkeit als vorbildlich gilt, dann sagt auch das etwas aus über eine ehemalige 50-Prozent-plus-X-Partei aus.

Fragt man Otmar Bernhard, den Seehofer vergangenes Jahr als Minister aussortierte, seiner damals 62 Jahre wegen, hält er sich vornehm zurück. Er spricht vom nötigen Analysieren, und dass dies nicht aus dem Stegreif möglich sei. Auch er nennt Stichworte wie Glaubwürdigkeit und Geradlinigkeit - aber nein, das ziele nicht auf den Parteivorsitzenden. Lieber betont Bernhard, dass seine Stadt-CSU deutlich weniger verloren habe als die Gesamtpartei (minus 5,4 Punkte zu minus 6,7).

Wenig später stellt er in einer Pressemitteilung heraus, "mit deutlichem Abstand" vor SPD, FDP und Grünen zu liegen. Dass die CSU ihre Freude daraus zieht, die "ehemalige Volkspartei" (Uhl) SPD und einstige Miniparteien überflügelt zu haben, verrät mindestens so viel über die Verunsicherung der CSU, wie die Kritik an Seehofers Crash-Kurs.

© SZ vom 29.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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