München:Stachelfrisur und Donnerschlag

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Beim Sommernachtstraum im Olympiastadion zeigt sich das Publikum lange verschlafen

Von Renate Frister

Gut, dass es am Schluss Donnerschläge gibt. Das Konzertpublikum des Sommernachtstraums nimmt den Namen der Veranstaltung im Olympiapark etwas zu wörtlich: Es wirkt ziemlich verschlafen. Einige Zuhörer haben es sich in der Arena des Olympiastadions auf Picknickdecken gemütlich gemacht, die Leute auf der Tribüne sind auf ihren Sitzen wie fest gewachsen, kaum einer singt mit. 46 000 Menschen sind laut Olympiapark-Gesellschaft gekommen, darunter auch der 50-millionste zahlende Besucher im Stadion: Die Familie Nehring aus Pullach hat das entsprechende Ticket gekauft - wer von den dreien genau, lässt sich nicht festlegen. Die Familie bekommt dafür einen Händedruck des Oberbürgermeisters Dieter Reiter und Freikarten für den Sommernachtstraum im nächsten Jahr.

Nur gut, dass es Hits gibt, die jeder kennt - und das lange verschlafene Publikum zum Mitfeiern bewegen. Das zeigt sich beim Auftritt von Rea Garvey, der vor vielen Jahren in München, wie er dem Publikum erzählt, seinen ersten Plattenvertrag unterschrieb. Er startet mit "Oh My Love"; kurz darauf kommt die Sonne hinter den Wolken hervor. Die Lieder des irischen Sängers sind eine Mischung aus Rock, Pop und Country. In seiner Kindheit musste er sich gegen seine sieben Schwestern durchsetzen. Im Olympiapark kämpft er zunächst gegen die Trägheit des Publikums. Bei "Wild Love" kommen die Zuhörer endlich in Partystimmung; sie wippen, tanzen, klatschen begeistert. Da bedürfte es weder des gelben und pinken Rauches noch des Lamettas, die das Konzert eher wie einen Kindergeburtstag wirken lassen. Auch der Punkrocker Billy Idol, der Star des Abends, ist ein kämpferischer Typ: Er überstand einen schweren Motorradunfall, eine Drogen-Überdosis und überwand seine Heroinsucht. Auch mit seinen 59 Jahren schreit er ins Mikro, reckt nach wie vor rebellisch seine Faust in die Höhe, zieht wilde Grimassen. Und ständig wechselt der Rockstar mit hellblonder Stachelfrisur sein Outfit. Neben Superhits aus den Achtzigerjahren wie "Rebell Yell" und "White Wedding" singt der Brite auch Lieder von seinem jüngsten Album "Kings & Queens of the Underground", mit dem er 2014 sein Comeback feierte, etwa "Can't Break Me Down". Billy Idol boxt in die Luft, springt und klatscht mit den Händen über dem Kopf, während das stimmungsvolle Lila der Wolken allmählich der Dämmerung weicht. An seiner Seite rockt sein Gitarrist Steve Stevens und schiebt einige Soli ein. Die Vorstellung - und damit auch die Tournee - endet mit "Mony, Mony".

Die Bühne wird dunkel. Es kracht. Zischt. Donnert. Heuler und Brummer sind zu hören, bunte Fontänen, heller Sprühnebel und grelle Sterne erleuchten den Himmel über dem Olympiapark. 35 Minuten dauert das am See abgefeuerte Feuerwerk. Jetzt sind alle wach. Wenigstens einmal erheben sich die Zuschauer, wenn auch nur zum Gehen.

© SZ vom 27.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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