Mordprozess:Tödliches Verhältnis zwischen guten Freunden

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  • Drei Männer sollen einen Bekannten brutal umgebracht haben.
  • Der Ermordete soll ein Verhältnis mit der Ehefrau von einem der mutmaßlichen Täter gehabt haben.
  • Laut Staatsanwaltschaft wollten die Männer mit dem Verbrechen die "Familienehre" retten.

Von Susi Wimmer, München

"Es ist sehr schwer auszuhalten", sagt der junge Mann im grau-blauen Anzug. Er sitzt in Saal B 162 am Landgericht München I genau jenen drei Männern gegenüber, die seinen Bruder gemeinsam ermordet haben sollen. Und zwar auf eine Art und Weise, die man eher aus Mafia-Filmen kennt. Das Trio überraschte laut Anklage den 35-jährigen Salam S. in seiner Wohnung. Während zwei von ihnen das Opfer auf das Sofa drückten, richtete Hikmat A. eine Pistole auf den Kopf von Salam S. und drückte ab. Als der 35-Jährige zu Boden sank, stellte sich Hikmat A. über ihn und drückte gleich einer Hinrichtung noch zweimal ab. Am nächsten Tag versuchte das Trio dann, die Wohnung samt Leiche anzuzünden. Doch die Flammen erloschen - und die Feuerwehr entdeckte den Toten.

Die Nacktfotos einer Frau, die sich auf dem Handy von Salam S. befanden, dürften bei den Ermittlungen der Mordkommission keine unwesentliche Rolle gespielt haben. Salam S. soll ein Verhältnis mit Tschiman Y. unterhalten haben, der Ehefrau von Hikmat A., 49. Alle Beteiligten sind untereinander bestens bekannt. Sie stammen aus dem Irak, flüchteten zwischen 1997 bis 2012 nach Deutschland und versuchten, sich hier Existenzen aufzubauen. Sie unterstützten sich auch gegenseitig. Salam S. etwa kümmerte sich um den Bruder von Hikmat A. und ließ ihn zwei Jahre bei sich wohnen. Er gab Hikmat A.s Bruder Askar H. auch noch Geld, damit dieser sich als Friseur selbständig machen konnte. Mit im Bunde war auch noch der Neffe der beiden Brüder, Jerjis S.

Landgericht
:Mordprozess nach tödlichem Brand: Angeklagter freigesprochen

Bis zuletzt gab es Zweifel an der Brandursache, so der Vorsitzende Richter. Bei dem Feuer in der Dachauer Straße waren drei Menschen ums Leben gekommen.

Von Susi Wimmer

Die freundschaftlich-familiäre heile Welt geriet vor sechs Jahren ins Wanken, als herauskam, dass Salam S. mit der Ehefrau von Hikmat A. ein Verhältnis hatte. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass in der Familie über Konsequenzen diskutiert wurde, zumal man "die Ehre der Familie" als beschmutzt ansah. Es soll immer wieder darüber gesprochen worden sein, Ehefrau Tschiman Y. zu töten. Doch nachdem die Beiden die Affäre beendeten, nahm Hikmat A. wohl von seinen Plänen Abstand. Der Kontakt zwischen den Landsleuten soll aber etwas abgekühlt sein.

"Was vorbei ist, ist vorbei", so dachte auch Alexandra L., die Lebensgefährtin von Salam S. über das Verhältnis ihres Partners. Das Paar wohnte seit 2006 zusammen, 2011 kam ihr Sohn zur Welt. "Salam war ein sehr ruhiger und anständiger Mensch", sagt sie vor Gericht. Im Mai 2017 hielt sie sich mit ihrem sechsjährigen Sohn gerade in ihrer Heimat St. Petersburg auf, als die Polizei sie am Telefon vom Tod ihres Lebensgefährten informierte. Sie will nicht geahnt haben, dass Salam S. sich erneut mit Tschiman Y. eingelassen hatte.

Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass Anfang 2017 das Verhältnis wieder aufflammte und Hikmat A. mit seinem Bruder und seinem Neffen beschloss, die Familienehre wieder herzustellen, indem man Salam S. beseitigte. Anfang Mai sondierte Hikmat A. das Terrain mittels eines Besuchs. Wie Alexandra L. erzählte, unterhielten sich er und ihr Freund "ganz ruhig und friedlich" im Wohnzimmer auf der Couch. Worüber die Iraker sprachen, verstand die Russin nicht. Hikmat A. registrierte, dass Alexandra L. tags darauf nach Russland fliegen würde, und schritt wenige Tage später zur Tat, so der Vorwurf der Anklage. Er kündigte sich bei Salam S. zu Besuch an und erschien am Abend des 14. Mai in dessen Wohnung in Fürstenried. Salam S. öffnete nichts ahnend, wenig später war er tot.

Nachbarn hörten die Schüsse und verständigten die Polizei. Doch die Beamten konnten nicht lokalisieren, aus welcher Richtung die Geräusche gekommen waren, und fuhren wieder davon. Am folgenden Abend rückte die Feuerwehr am Luganoweg an: Hikmat A. und seine Komplizen sollen mit flüssigem Grillanzünder versucht haben, die Leiche und die Wohnung in Brand zu setzen. Doch die Flammen erloschen, und heftiger Qualm rief die Nachbarn auf den Plan.

Hikmat A., ein grauhaariger Mann mit unbewegter Miene, sowie die Mitangeklagten äußern sich vor Gericht weder zu den Vorwürfen noch zu ihrer Person. Als Nebenkläger ist neben dem Bruder des Verstorbenen auch der heute siebenjährige Sohn zugelassen. Seine Mutter sagt im Zeugenstand, sie sei seelisch und körperlich am Ende. Sie leide unter Angstzuständen und könne sich kaum in der Wohnung aufhalten. Der Wohnung, in der ihr Freund getötet wurde. Am Mittwoch wird die Verhandlung fortgesetzt.

© SZ vom 04.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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