Moosach:Kleine Größen für die große Aufgabe

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Haben viel zu tun: Diakonia-Chefin Martina Kreis und Jürgen Rucker, der Betriebsleiter Logistik. (Foto: Hess)

Diakonia sucht Secondhand-Kleidung, die den meist schlanken Flüchtlingen auch passt

Von Anita Naujokat, Moosach

Die meisten Ankommenden sind schmal, klein oder groß, aber schmal. Hiesige Männergrößen nutzen da selbst für ausgewachsene Flüchtlinge nicht viel. Deshalb benötigt die Diakonia dringend Kleidung mit kleinen Größen für Männer. "Wir müssen schon jetzt aus den Frauensachen heraussuchen, welche Kleidungsstücke für Männer zu tragen sind", sagt Martina Kreis, Gesamtleiterin Secondhand des kirchlichen Sozialbetriebs der Inneren Mission und des lutherisch-evangelischen Dekanats München.

Im 1200 Quadratmeter großen Gebrauchtwarenkaufhaus und Stammhaus an der Dachauer Straße 192 in Moosach ist die größte Annahme- und Sortierstelle für Kleidungsspenden für Flüchtlinge in München. Von dort aus werden die Kleiderkammern in der Ankunftszentrale an der Baierbrunner Straße (demnächst Lotte-Branz-Straße), in der Erstaufnahmeeinrichtung in der Bayernkaserne und ihren Münchner Dependancen bestückt und die Ankommenden akut versorgt.

Fünf bis sechs Tonnen gespendete Kleidung erhält die Diakonia täglich an der Dachauer Straße. Sortiert worden war vier Monate auch in der ehemaligen städtischen Wäscherei. Am 13. April eröffnet Diakonia eine zweite Annahme- und Sortierstation in einem Industriegebäude am Stahlgruberring 8 in Trudering. Zwei große Hallen auf zwei Etagen hat der Sozialbetrieb dort angemietet. Im Juni wird im Vorderhaus auch ein Minikaufhaus mit Kleinmöbeln, Hausrat und Textilien eröffnet.

Fünf bis sechs Tonnen Kleidung pro Tag klingt ungeheuer viel. "Aber die brauchen wir", sagt Martina Kreis. "Es kann gar nicht genug sein." Doch Small-Ware für Männer ist Mangelware. Damit bewegt sich München ganz im Bundesdurchschnitt. "In hundert Prozent Secondhand-Ware in Deutschland befinden sich nur vier Prozent Männersachen. Und die S-Größen darunter bewegen sich im Promillebereich." Dies führt dazu, dass die Diakonia aus Erlösen auch kleine Kleidung für Männer zukaufen muss.

Aber nicht nur in Sachen Größe sind manche Vorstellungen der Spender problematisch: Etwa der Mann, der einen XXL-Pullover bringt und verlangt, das warme Stück sofort einem Flüchtling in der Bayernkaserne zu übergeben. Das brächte die Mitarbeiter in der Annahmestelle mitunter ganz schön unter Druck, weswegen ihnen jetzt immer eine erfahrene Kraft zur Seite steht, die den Spendenfluss erklärt. Denn so einfach seien die Wege nicht, sagt Martina Kreis. Um die Würde der Menschen zu wahren, wird ihnen zum Beispiel nicht einfach Kleidung zugeteilt, sondern sie dürften sie selbst aussuchen.

Wegen der Spenden für die Flüchtlinge erschließt sich der Diakonia nicht wirklich, ob und welche Einbrüche bei den Mengen zu verzeichnen sind, seitdem die Stadt selbst Altkleider und -schuhe sammelt. Soziale Träger dürfen ihre Sammelcontainer seither nur noch auf Privatgrund aufstellen. "Gefühlt ist es zu Einbrüchen gekommen", sagt Martina Kreis, "doch es ist nicht darstellbar, wie die Situation ohne Flüchtlingsspenden aussähe."

Die Kleider- und Sachspenden helfen nicht nur Flüchtlingen, sondern bieten gut 200 Münchnern einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz, den sie aufgrund gesundheitlicher oder psychischer Probleme auf dem normalen Arbeitsmarkt nicht bekommen würden. Neben dem Stammhaus unterhält die Diakonia sechs Secondhand-Läden für Frauen, Kinder, Lifestyle und junge Leute, einen Malerfachbetrieb mit 30 Handwerkern. Im Inhouse-Betrieb kochen, reinigen und waschen Hauswirtschafterinnen in 18 Kitas im Raum München. Und mit der Tiptop-Box an der Gollierstraße werden Tonerkartuschen und Tintenpatronen gesichtet, gestapelt und an zertifizierte Unternehmen zum Recyceln verkauft. Gebrauchte Möbel werden abgeholt, hergerichtet oder entsorgt. Dazu bildet der Betrieb Kaufleuten für Bürokommunikation aus, Einzelhandelskaufleute und Verkäufer oder schult sie darin um. Von S-Größe kann da keine Rede sein, ist aber dennoch eines der Probleme.

© SZ vom 01.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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