Moosach:Die Zukunft der Vergangenheit

Lesezeit: 2 min

Volker D. Laturell und Georg Mooseder haben Moosachs Geschichte erforscht

Von Anita Naujokat, Moosach

40 Jahre Geschichtsarbeit in Moosach ist im Grunde auch eine Geschichte über eine Freundschaft. Und sie gibt einen spannenden Einblick darüber, dass historische Akten, Unterlagen und Fotografien keineswegs eine trockene und staubige Materie sein müssen.

An einem Tag Anfang März 1975 erhielt der Moosacher Heimatforscher Volker D. Laturell den Anruf eines Mannes. Er habe dessen Buch über Feldmoching gelesen und wolle ein ähnliches über Moosach verfassen. Er sammle schon seit Jahren historisches Material, aber ein Buch schreiben, das traue er sich nicht zu. Ob man sich nicht zusammentun könnte?

Aus dem Anrufer wurde später ein vielfach ausgezeichneter Stadtteilheimatforscher Münchens, dem die Landeshauptstadt vor nicht allzu langer Zeit auch eine Straße in Moosach gewidmet hat: der Moosacher Mineralölkaufmann Georg Mooseder (1922-2008). Dieser freundschaftlichen Zusammenarbeit entsprang 1980 bis 1988 nicht nur eine hochgelobte dreibändige Chronik über Moosach, sondern noch ein viertes Buch über "Moosach - Geschichte und Gegenwart".

Mooseder hatte seine Schreibscheu überwunden und publizierte historische Artikel in vielen Organen. Von 1993 an diskutierten die beiden immer öfter darüber, ihre separat zusammengetragenen Zeitzeugnisse in eine Art "Moosach-Archiv" zu überführen. "Die Bücher sprengten die Wohnzimmerschränke", sagt Laturell, noch dazu, weil nach der Moosach-Trilogie immer mehr Bürger alte Schriften, Dokumente, Urkunden und Fotos auch über den Stadtbezirk hinaus brachten. Beiden war von Anfang an klar, dass sie keine Bewahranstalt gründen wollten. Denn Altes werde wertlos, wenn es nicht in die Gegenwart weitergeführt werde. "Der Vergangenheit eine Zukunft geben", nennt es Laturell. Die Recherchen sollten nicht mit dem Erscheinen der Bücher enden. Und auch die aktuellen Ereignisse im Stadtbezirk sollten dokumentiert werden.

Im Juni 1995 konnten sie einen fensterlosen Raum an der Feldmochinger-/Ecke Merseburger Straße beziehen, zwei Jahre später fanden sie immerhin zwei Zimmer mit Fenstern an der Triebstraße, mussten wiederum zwei Jahre später jedoch Wohnzwecken weichen. Die alte Moosedersche "Ney-Sölde" diente als Zwischenquartier, bis 2002 der heutige Standort im benachbarten Wohnhaus an der Feldmochinger Straße 31 fertiggestellt war. Künftig soll im Volkshochschulzentrum am Moosacher Stachus die neue Heimat sein.

Bereits im Jahr 2000 hatten die beiden vertraglich die Gründung der "Geschichtssammlung Laturell/Mooseder" besiegelt. Die Reihenfolge der Namen ist Laturell zufolge ein ausdrücklicher Wunsch Mooseders gewesen. Vereinbart wurde, dass die Sammlung dann, wenn einer der Partner stirbt, auf den anderen übergeht. Nach dessen Tod sollte eigentlich das Stadtarchiv die Sammlung bekommen, doch mit dem vor sechs Jahren gegründeten Geschichtsverein fand sich die Alternative, sie in Moosach zu behalten.

Der noch junge Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Sammlung auf vielfältige Weise allen Moosachern zugänglich zu machen. 2007 konnten Laturell und Mooseder noch Erich Nirschl gewinnen, der sich seitdem um die Fotosammlung und die Recherchen dazu kümmert. Der größte Teil der Sammlung ist aus der Arbeit und den Folgen für die Bücher entstanden. Sie hat aber auch erst Vorträge und Ausstellungen ermöglicht.

Und mit Stadtteilführungen, der Renovierung der alten Sankt-Martins-Kirche (1979-1982) und des Pelkovenschlössls (2002-2004), den Jubiläen "1200 Jahre Moosach" (2007), "50 Jahre Heilig-Geist-Kirche" (2008) und "100 Jahre Pfarrei St. Martin" (2009) hat sie das Geschichtsbewusstsein der Moosacher gehoben und eine regelrechte Erinnerungskultur in Moosach ausgelöst. Als Basis für Vorträge, Ausstellungen, Recherchen, Broschüren, Chroniken und andere Veröffentlichungen ist sie kaum noch wegzudenken. Genau so wie es immer die Absicht der Gründer war. An diesem Mittwoch feiern die Akteure im kleinen Rahmen 40 Jahre Moosacher Geschichtsarbeit.

© SZ vom 24.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: