Moosach:Auf gute Nachbarschaft

Lesezeit: 2 min

Bei einer Besichtigung der neuen Flüchtlingsunterkunft an der Triebstraße nehmen viele der Anwohner das Zuhause von 350 Asylsuchenden in Augenschein. In Gesprächen kann so manche Sorge zerstreut werden

Von Anita Naujokat, Moosach

Noch riecht alles nach frischer Farbe und neu verlegten Böden, die Schaukeln auf dem Spielplatz werden nur vom Wind bewegt. Arbeiter drapieren auf der großzügigen Grün- und Freianlage hinter dem Hof die letzten Rasenplatten. "Das ist bayerischer Rasen, er kommt aus Dachau", sagt einer von ihnen. Irgendwer hat dort Tomaten angebaut, die auf einer der betonartigen, niedrigen Sitzmauern in Kübeln neben Zierorangenbäumchen stehen. Die Tischtennisplatten in Hof sind noch unter Plastikfolien verborgen. Doch nicht mehr lange.

Kurz bevor die ersten Bewohner in die neue Flüchtlingsunterkunft an der Triebstraße einziehen, nahmen Nachbarn und Anwohner die Möglichkeit wahr, die Einrichtung mit ihren 350 Bettplätzen zu besichtigen. Um es gleich vorwegzunehmen: Alle 93 Geflüchteten, die bisher an der Skagerrakstraße untergebracht waren, können an die Triebstraße umsiedeln. Dafür hatten sich der Bezirksausschuss und viele ehrenamtliche Helfer eingesetzt, die verhindern wollten, dass die gut im Stadtbezirk integrierten Menschen auf ganz München verteilt werden und die aufgebauten Strukturen zerrissen werden. Ihnen folgen dann einen Tag später noch 120 Flüchtlinge aus der Bayernkaserne.

Bunt und fast fertig: Aus farbig abgesetzten Container-Elementen besteht die neue Unterkunft. (Foto: Robert Haas)

Gruppenweise informierten Martina Kederer und Peter Riedlberger von der Projektleitung des Baureferates und Sebastian Ehnes aus dem Sozialreferat die gut 150 Besucher in kurzen Vorträgen über die Einrichtung, die dann jeder in Eigenregie besichtigen konnte. Und manch ein Skeptiker, der die Anlage bisher nur von außen durch die Hecke gesehen hatte, zeigte sich danach positiv überrascht. "Das sieht richtig schön aus", sagte eine Frau, "es ist eine gute Anlaufstelle für den Anfang." Und ein Mann stellte fest: "Ich finde, dass die Stadt München hier gute Arbeit leistet."

Die neue Unterkunft gliedert sich in vier cappuccinofarbene Bauteile mit je einem Erdgeschoss und zwei Obergeschossen. Die Häuser unterscheiden sich durch jeweils andersfarbige Eckelemente in Gelb, Orange, Hell- und Dunkelrot. Sie bestehen aus insgesamt zirka 300 Containermodulen. Jedes der 14,4 Quadratmeter großen Doppelzimmer ist mit Kühlschrank, zwei Einzelbetten, zwei Spinden, einem Tisch und zwei Stühlen ausgestattet. Der Linoleumboden ist gelb, die Farben der Türen haben ebenfalls einen hellen Milchkaffee-Ton. Hinzu kommen noch Familienzimmer, Räume für die Verwaltung und den Sozialdienst, ein Arztzimmer. Jede Etage verfügt über zwei Sanitärräume, getrennt nach Männern und Frauen, in Weiß- und Grautönen gehalten und bis unter die Decken gefliest. Im Vorraum befindet sich, getrennt durch eine Tür, ein einzelnes Waschbecken, hinter der Tür sind die Toiletten und hinter einer weiteren die Duschkabinen und noch mehr Waschbecken.

Derzeit legen die Handwerker noch letzte Hand an. (Foto: Robert Haas)

Die Selbstversorger-Küchen erinnern fast schon an Profiküchen. Ihr Inventar besteht komplett aus Edelstahl. Jede bietet pro Stockwerk drei Herde mit jeweils zwölf Kochstellen und integrierten Backöfen, vier großzügige Spülbecken und sechs Hängeschränke mit Schiebetüren - ebenfalls allesamt aus Edelstahl. Insgesamt gibt es elf Aufenthaltsräume, in jedem der vier Bauteile steht außerdem ein Waschmaschinenraum mit fünf Maschinen zur Verfügung.

Mit dem Bau auf dem ehemaligen Bolzplatz war im Oktober begonnen worden. Dass die Einrichtung nicht wie vorgesehen bereits im Januar eröffnet wurde, hängt mit einer Änderung bei den Zuwegen zusammen. Die benachbarte Druckerei hatte laut den Planern auf eine Abtrennung zwischen dem Eingangsweg und dem von ihr benutzten Parkplatz gedrungen, um eine Gefährdung auszuschließen.

Als Laufzeit der Einrichtung sieht die Stadt fünf Jahre vor. Geleitet wird sie von den Johannitern, Sozialdienst und Sozialberatung hat die Caritas übernommen. "Jetzt bin ich wirklich beruhigt", sagt eine ältere Anwohnerin nach einem Gespräch mit einem der Mitarbeiter. Sie lebt an der Ehrenbreitsteiner Straße, wo schon viele Ausländer wohnten. Wegen der Unterkunft habe sie Angst gehabt, nur noch von Fremden umgeben zu sein. Doch dass sie, wie ihr der junge Mann versicherte, jederzeit bei Anliegen und Sorgen vorbeikommen könne, gebe ihr ein gutes Gefühl.

© SZ vom 28.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: