Moosach:Andersrum

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Sieben Gebäude in der Moosacher GWG-Siedlung sind erst vor einigen Jahren saniert worden, darunter auch das helle Haus im Vordergrund. (Foto: oh)

Die Anwohner von Gube-, Bauberger- und Karl-Lipp-Straße sind nicht grundsätzlich dagegen, dass die GWG ihre Siedlung erneuert. Sie fordern aber, die Reihenfolge umzukehren, damit zuerst die maroden Häuser abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden

Von Anita Naujokat, Moosach

Dass Mieter bei anstehenden Änderungen nicht nur nörgeln und sich beklagen, sondern konstruktiv beteiligen, zeigt sich immer mal wieder. In Moosach haben sich zum Teil sehr alteingesessene Mieter in einer Gruppe zusammengetan, und sich eigene Gedanken über die Entwicklung der GWG-Siedlung zwischen Gube-, Bauberger- und Karl-Lipp-Straße gemacht. Die städtische Wohnbaugesellschaft will dort von 2020/2021 an in sechs Bauabschnitten 14 Gebäudeblöcke mit 520 Wohnungen abreißen und 606 neue im geförderten Wohnungsbau errichten.

Der große Umbau soll mit den Baukörpern im Nordteil des Karrees an der Bauberger- und Gubestraße beginnen, wo auch die Serviceeinrichtungen - Kindertagesstätte, Verwaltung und Bewohnertreff - vorgesehen sind, sodass die Infrastruktur möglichst als erstes fertig wird. Peu à peu will man sich dann U-förmig nach Südosten vorarbeiten und im südlichen Riegel in umgekehrter Reihenfolge zurück. Die derzeit rund 1200 Mieter können für die Bauzeit in GWG-Wohnungen in andere Quartiere ausweichen, dort bleiben oder wieder zurückziehen.

Die Mietergruppe hat indes ihre eigenen Vorstellungen. Sie fordert, genau andersherum mit dem Abriss der Häuser zu beginnen, weil somit die maroden Häuser zuerst weichen würden, vor den noch gut erhaltenen. "Bisher hat noch niemand verstanden, warum intakte Häuser vor maroden abgerissen werden sollen", sagte Rudolf Scholz im Bezirksausschuss. Sieben Gebäude, und damit die Hälfte des Bestands in dem Gebiet, sei erst vor fünf bis zehn Jahren renoviert worden.

Scholz ist 80 Jahre und lebt schon seit seiner Kindheit in der Siedlung. Dass er noch einmal im Bezirksausschuss auftritt, in dem er von 1972 bis 1978 Mitglied war, damit hatte er wohl selbst nicht gerechnet. Er vertrat den Sprecher der Gruppe, Hans-Georg Wölky, der verhindert war. Gebildet habe sich die Gruppe nach einer ersten Informationsveranstaltung der GWG im März, die viele Mieter beunruhigt und verunsichert zurückgelassen habe, sagte Scholz. Das erste Info-Schreiben war acht Tage vor Weihnachten 2015 eingetroffen. Ziel der Mietergruppe sei, das Projekt für alle Betroffenen so verträglich und schonend wie möglich zu gestalten. Es gehe nicht um das Ob, sondern um das Wie, betonte er.

Scholz legte ausführlich die Vorteile einer umgekehrten Bauweise dar. Diese würde nicht nur zur Kostenersparnis beider Seiten beitragen, sondern auch zu einer höheren Akzeptanz unter den Bewohnern. Denn bestimmt würden einige gerne aus den maroden Häusern in einen Neubau wechseln und vermutlich nicht mehr zurückwollen, wobei man sich schon einen Umzug und ein weiteres Einrichten spare. Für die frei gewordenen sanierungsbedürftigen Häuser fielen dann auch bei längerem Leerstand keine notwendigen Reparaturen mehr an. Die Menschen in den noch verhältnismäßig gut erhaltenen Häusern könnten länger in ihren Wohnungen bleiben und dann später in einen der zwischenzeitlich fertiggestellten Blöcke einziehen, auf Wunsch auch als ganze Hausgemeinschaft. Auch das spare Kosten für ein großes Hin und Her mit Umzugskartons und Wiedereinrichten. Und als kleiner, aber nicht ganz unbedeutender Nebeneffekt könnten die Bewohner ihr Zuhause entstehen sehen.

Zentrales Anliegen ist den Mietern auch, dass der Bewohnertreff, die Kita und der Hausmeister-Stützpunkt nicht am Rand des Quartiers, sondern in der Mitte an der Karlingerstraße angesiedelt werden. Dies sei nicht nur von der Verkehrserschließung her günstiger, auch die Bürger der Welzenbachstraße und der Nanga-Parbat-Straße hätten es näher zu den Einrichtungen, sagte Scholz.

Auf Initiative der SPD-Landtagsabgeordneten Diana Stachowitz haben im Beisein von Mietern, der Stadträtin Julia Schönfeldt-Knorr (SPD) und der Bezirksausschussvorsitzenden Johanna Salzhuber (SPD) bereits Gespräche mit der GWG stattgefunden. Die Mandatsträgerinnen hätten die Belange der Mieter einmütig unterstützt, sagte Scholz. Leider seien seitens der GWG zwar drei Mitarbeiter, aber keine Entscheider dabei gewesen. Hätte sich jemand von der Geschäftsführung Zeit genommen, so Scholz, hätte man den Bezirksausschuss wahrscheinlich nicht mehr mit dem Thema befassen müssen. Den haben die Mieter nach einstimmigem Veto jetzt ebenfalls hinter sich.

Die GWG selbst will die neu vorgebrachten Anregungen der Mieter "im Rahmen des genehmigten Vorbescheids gerne prüfen", wie sie auf Anfrage der SZ antwortete. Im Übrigen sei es der GWG bisher stets gelungen, für jeden Mieter eine gute Lösung im eigenen Bestand zu finden. Dies werde auch dort der Fall sein, so der Sprecher der Geschäftsführung, Christian Amlong. Die Mieter indes haben schon den nächsten Masterplan parat: Sollte die GWG nicht auf ihre Vorschläge eingehen, werde man an den Oberbürgermeister herantreten, so Scholz.

© SZ vom 01.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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