Mittlerer Ring:Unten durch statt oben drüber

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Seit Jahren plant die Stadt, die Landshuter Allee komplett zu untertunneln. Nun prüft sie, den Tunnel im Süden noch zu verlängern. So könnte man am Ende einen Teil der Donnersbergerbrücke abreißen, statt sie bald zu sanieren

Von Andreas Schubert, München

Etwa 120 000 Fahrzeuge passieren täglich den Mittleren Ring zwischen dem Georg-Brauchle-Ring und der Arnulfstraße. Die Landshuter Allee ist einer der mit Abgasen am meisten belasteten Straßen Deutschlands. Bis zum Jahr 2030 soll der Verkehr laut aktueller Prognose um ein Viertel zunehmen. Das wären dann 150 000 Autos am Tag. Am Dienstag hat der Stadtrat nun die weitere Planung für einen Tunnel unter der stark belasteten Verkehrsachse auf den Weg gebracht. Womöglich könnte er künftig sogar unter der Arnulfstraße hindurch führen.

Bereits 2015 hatte der Stadtrat beschlossen, den 1,4 Kilometer langen Abschnitt der Landshuter Allee zwischen der Dachauer Straße im Norden und der Donnersbergerbrücke im Süden zu untertunneln. Am Dienstag hat Baureferentin Rosemarie Hingerl dem Bauausschuss des Stadtrats die aktuelle Vorplanung vorgestellt. Demnach denkt das Baureferat darüber nach, den Tunnel länger als bisher gedacht zu bauen - und zwar noch unter der Arnulfstraße hindurch. Das hat laut Hingerl seinen Grund: Wie die Vorplanungen ergeben haben, ist der Tunnel nicht so leicht zu realisieren, wie sich das der Stadtrat weiland erhofft hatte. Problem sind die Zu- und Ausfahrten des Tunnels. Im südlichen Abschnitt zwischen der Arnulfstraße und der Nymphenburger Straße ist schlicht nicht genug Platz für die Ein- und Ausfahrten sowie die zusätzlich benötigten neuen Straßen und Radwege. Laut Baureferat würde dort auch die Abgas- und Lärmbelastung für die Anwohner sogar zunehmen, die der Tunnel eigentlich senken sollte. Führte er aber unter der Arnulfstraße hindurch, könnte das den Vorteil haben, dass nicht nur die Belastung durch die Autos sänke, sondern auch die in etwa in zehn bis 15 Jahren fällige Sanierung der Donnersbergerbrücke womöglich günstiger ausfiele.

Mit dem verlängerten Tunnel würde deren nördlicher Teil überflüssig, die Überquerung würde sich nur noch über die Bahngleise erstrecken. Nach ersten Schätzungen wäre es vom Gefälle her möglich, den Verkehr vom Tunnel direkt auf die Brücke respektive umgekehrt zu leiten. Die Rechnung des Baureferats: Ein längerer Tunnel käme zwar teurer. Langfristig würden dies aber kompensiert, wenn man einen Teil der Brücke nicht mehr sanieren müsste. Ob es sinnvoll ist, die Sanierung und den Tunnelbau gleichzeitig anzugehen, das will die Stadt nun prüfen, genau wie die Frage, wie während der Bauzeit eigentlich der Verkehr fließen soll. Hingerl betonte ausdrücklich, dies sei nur ein Prüfauftrag. Ob diese Variante tatsächlich ihren Weg in den Stadtrat findet, sei offen.

Ebenso ein wichtiger Punkt in der Vorplanung ist der Lärmschutz im Norden der Landshuter Allee auf Höhe der Borstei. Hier ist eine fünfeinhalb Meter hohe und 330 Meter lange Lärmschutzwand vorgesehen. Die Grünen, die gegen den Tunnel sind, wollen diese Lärmschutzwand unabhängig vom Tunnelbau möglichst bald errichten lassen. Den Antrag lehnte der Bauausschuss des Stadtrats am Dienstag allerdings ab, nach dem Hinweis von Hingerl und SPD-Fraktionschef Alexander Reissl, dass die Stadt mit so einer freiwilligen Leistung einen Präzedenzfall schaffen und somit im ganzen Stadtgebiet Begehrlichkeiten nach mehr Lärmschutz wecken würde. Wird der Wall im Zuge des Tunnelbaus erstellt, gilt dies als Lärmvorsorge, die bei solchen Vorhaben obligatorisch ist.

Überhaupt kritisieren die Grünen das Verhältnis von Kosten und Nutzen des Tunnels. Sein Bau - frühere Kostenschätzungen lagen bei 537 Millionen Euro - würde sich durch eine Verlängerung sowie die Einhausung der Zufahrtsrampen deutlich verteuern. Statt den Tunnel zu bauen, fordern die Grünen, den Autoverkehr zu verringern. Stadtrat Paul Bickelbacher fürchtet, dass man mit einem gut ausgebauten Tunnel sogar noch mehr Verkehr anziehe. Man plane an der Zielsetzung, der Verkehrswende, vorbei. Sein Fraktionskollege Herbert Danner erklärte: "Wenn dieser Ausbau so weiterbetrieben wird, heißt das: Verkehrspolitik weiter so." Tobias Ruff (ÖDP) sieht in Zukunft keine Notwendigkeit mehr für den Tunnel, da sich, so hoffe er, die Abgasbelastung ohnehin verringern werde, etwa durch den Ausbau der Elektromobilität.

Die CSU sieht das anders. Bürgermeister Josef Schmid erklärte, der Verkehr werde so oder so zunehmen. Mario Schmidbauer warf den Grünen gar vor, "weltfremd" zu sein. Der Tunnel, auf dem oben eine 30 Meter breite Grünfläche entstehen soll, sei eine vielfältige Verbesserung, warb Schmidbauer. Die Idee der CSU, auf Höhe der Sportanlage des FT Gern die geplante Grünfläche an das Sportgelände anzudocken und die Fahrbahnen dort nach Osten zu verlegen, will das Baureferat nun prüfen.

© SZ vom 04.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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