Mitten in Schwabing:Baum-Palaver macht Schluckauf

Lesezeit: 1 min

Naturfreunde fahren gerne Fahrrad - nur nicht auf dem Radweg an der Berliner Straße, wo die vorhandenen Gehölze einen Hindernis-Parcours geschaffen haben

Kolumne von Nicole Graner

Ein klares Statement: Bäume sind großartig, und ohne Bäume ist, wie Hermann Lahm schreibt, die "schönste Verbindung zwischen Himmel und Erde" zerstört. Und wie sehr leiden Waldbesitzer, wenn Borkenkäfer viel zu hungrig sind, Kupferstecher Fichten-Wipfel verspeisen und die Stürme der jüngsten Zeit die stärkste Buche umfallen lassen wie einen Bauklötzchenturm. "Ein Baum, der fällt, macht mehr Krach als ein Wald, der wächst". Wunderbar, diese Weisheit aus Tibet. Und jetzt - der Leser mag es vielleicht schon ahnen - ein paar Erlebnisse, die hin und wieder einen kleinen Baumfrust auslösen.

Zum Beispiel die riesigen Bäume des Nachbarn. Eine Buche, eine Linde. So hoch, dass im Sommer untertags Licht im Wohnzimmer des Nachbarn brennen muss. Dass das Moos langsam den Garten erobert und sich als weicher, grüner Naturteppich über Erde und Stein legt. Tja, und im Herbst schütteln die Gehölze so viele Blätter ab, dass man sich trefflich unter Laubbergen verstecken kann. Wie der Amerikaner zu sagen pflegt: "Anyway". Und da sind Bäume, die sich, wissenschaftlich erwiesen, miteinander verständigen wollen, ein Baumnetzwerk bilden. Zum Beispiel in der Berliner Straße. Schon mal dort auf dem Radweg in Richtung Ungererstraße unterwegs gewesen? Wau, das ist ein Schütteln und Rütteln! Die Wurzeln von Platanen, Berg- und Spitzahorn und anderen Alleebäumen haben unterirdisch ihre Fühler ausgestreckt, so intensiv betreiben die Bäume Konversation, dass sich Buckel und lange Wülste über den Fahrradweg legen - so, als ob Erdwürmer in der Straße hausen würden, die jederzeit an die Oberfläche brechen könnten.

Heißt weiter: Brillen fliegen beim "Buckel-Hopping" von der Nase, alles am Körper - aber auch alles - wackelt auf und ab und man rutscht vom Sattel. Ganz schlecht sind Gegenstände im Fahrradkörbchen. Sie fliegen, je nach Buckelgröße, kurz in die Luft, um mit Geschepper wieder im Korb zu landen. Fazit: Bloß nicht schnell fahren. Bloß kein Bügelbier mitnehmen (falls man zum Fußballabend an die Schinkelstraße fährt). Es öffnet sich selbständig. Bloß keine Torten! Von kleinen Hündchen im Körbchen ganz zu schweigen - die bekämen Schluckauf.

© SZ vom 21.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: