Milbertshofen/Am Hart:Rolle rückwärts

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Die von der Stadt geplante Unterkunft für Asylsuchende in der Grünanlage an der Thalhoferstraße wird es so nicht geben. Die Anwohner hatten immer wieder beklagt, dass der Bau zu nahe an ihre Häuser kommen sollte

Von Nicole Graner, Milbertshofen

Ein Schreiben des Baureferates vom 30. Juni hat das bestätigt, was Holger Freese nie gedacht hätte: Die geplante Unterkunft für Asylsuchende in der Grünanlage an der Thalhoferstraße wird es nicht geben. Zumindest nicht zwölf Meter neben seiner Terrasse. "Von einer Bebauung auf dem Flurstück 211/2 wird abgesehen", heißt es in dem Schreiben der Stadt. Nie habe er gedacht, sagt Freese, dass sich die Stadt komplett von diesem Standort verabschieden würde. Die Anwohner der Thalhoferstaße 7 und 9 hatten öffentlich mehrmals deutlich gemacht, dass der geplante zweistöckige Riegelbau für 200 Flüchtlinge viel zu nah an ihre Häuser heran gebaut würde. "Nun", so sagt Freese, "kommt die Stadt nach ihrem Versprechen nicht mehr aus der Nummer raus - und wir freuen uns."

Der Bauantrag für die geplante Flüchtlingsunterkunft wurde zurückgezogen. Dafür hat die Stadt gleich einen neuen Standort im Auge: in der gleichen Grünanlage an der Thalhoferstraße - nur ein Stück weiter westlich. Auch das bestätigt das Schreiben des Baureferates. "Beplant", so heißt es, "wird als neuer Standort das westlich gelegene Flurstück 207/2." Das vorgesehene Areal ist bereits eingezäunt. Die 14 Bäume, die für den ersten Standort in einer Schnellaktion gefällt wurden, wären dann zumindest nicht umsonst abgeholzt worden. Denn dieser Bereich würde auch in das neue Areal fallen. Auf Wunsch der Anwohner der Thalhoferstraße prüft der Bezirksausschuss Milbertshofen-Am Hart allerdings, ob überhaupt eine Fällgenehmigung vorgelegen hat.

Kaum hat die Stadt den Bedenken der Anwohner Rechnung getragen und sogar den Standort der Flüchtlingsunterkunft verworfen, droht damit schon wieder neuer Ärger. Denn als die Stadt vor vielen Jahren den Wohnraum an der Bernaysstraße als Bauland erschloss, musste sie auch eine Grünanlage ausweisen. Die Erschließung der Grünanlage wurde den Anwohnern aber in Rechnung gestellt. Unterteilt wurden das Gebiet in zwei Abschnitte: In den südlichen vom Schollerweg bis zur Rathenaustraße, in den nördlichen Schollerweg bis zur Anton-Will-Straße/Rockefellerstraße. "Ich habe einige tausend Mark bezahlt", sagt Erich Kirner, der in der Bernaysstraße wohnt und damals dem südlichen Bauabschnitt zugeschlagen wurde. "Den Bürgern wurde unter anderem auch die Beleuchtung der Anlage in Rechnung gestellt", fügt Kirner an. Auch Aribert Niehaus, der 1978 in die Bernaysstraße zog, musste die für seine Eigentumswohnung im Kaufpreis erhaltene Erschließungsbeitrag für die Grünanlage bezahlen.

Es könne, so sagt Niehaus, doch nicht sein, dass nun die Stadt auf dieser von den Bürgern mitfinanzierten Grünanlage bauen dürfe. "Ich habe bereits an das Baureferat geschrieben und überlege mir, ob ich nicht rechtliche Schritte gegen die Bebauung einleiten werde." Zumal, wie er glaubt, für die Stadt keine Notlage bestünde, da ihr von privater Seite ja ein Grundstück an der Eulerstraße für eine Flüchtlingsunterkunft angeboten worden sei.

Wie es mit der Flüchtlingsunterkunft an der Thalhoferstraße weitergeht, die ja noch vor der Flüchtlingsunterkunft an der Schleißheimer Straße 438 fertiggestellt werden sollte, bleibt also offen. In der jüngsten Sitzung des Bezirksausschusses befasste sich das Gremium jedenfalls noch einmal mit Alternativ-Vorschlägen zur Thalhoferstraße, die die Eigentümergemeinschaft (ETG) Eulerstraße 29 als Antrag dem Gremium vorgelegt hatte. Zwei Anträge sehen vor, die 5000 Quadratmeter Nutzungsfläche an der Eulerstraße 29 mit den nahe liegenden und bereits früher genutzten Flächen an der Eulerstraße/Rothpletzstrasse und an der Pragerstraße zu kombinieren. Auch beantragte die ETG, den Eingang des geplanten Asylantenheimes zur Vermeidung von viel Verkehr an der Rathenaustraße vorzusehen; diesem Antrag stimmt des Gremium einstimmig zu. Nicht jedoch den beiden Alternativ-Vorschlägen. Den Anwohnern der Pragerstraße, die bereits 15 Jahre mit einer Container-Anlage konfrontiert waren, sei ein begrenzter Zeitraum versprochen worden, erklärte Susanne Schneider-Geyer (SPD). Das wolle man auch einhalten. Auch sei es logistisch kaum machbar, drei Standorte zu verwalten, erklärte Jutta Koller (Bündnis 90/Die Grünen).

Antragsteller Peter Klein kann mit diesem Nein leben. Verstehen kann er jedoch nicht, dass das Grundstück an der Euler-straße 29, das er der Stadt angeboten habe, "nicht weiter wahrgenommen würde". Die Stadt, die doch ganz offensichtlich so dringend nach Grundstücken suche, habe, so Klein, "noch keinen Ton" zu diesem Angebot gesagt. Eine Lösung als Alternative für die Thalhoferstraße ließe sich vielleicht auch mit der Eulerstraße 29 finden - wenn man mit ihm reden würde.

© SZ vom 15.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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