Milbertshofen:Kalt erwischt

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Besetzt: Noch immer wohnen Mieter im Haus Norderneyer Straße 10. (Foto: privat)

Die Stadt gibt grünes Licht für Neubau an der Norderneyer Straße. Lokalpolitiker fühlen sich überrumpelt

Von Nicole Graner, Milbertshofen

Eigentlich sollte dieser Termin am Dienstagabend eines sein: ein offener Austausch zwischen Mitgliedern des Bezirksausschusses Milbertshofen-Am Hart, den Anwohnern der Norderneyer Straße und dem Investor aus Niederbayern, der auf dem Grundstück Norderneyer Straße 10 ein Boardinghaus oder Wohnhaus für 140 wohnungslose Familien mit 140 Betten errichten will. Noch steht das marode Haus, das in den vergangenen Monaten für Gesprächsstoff gesorgt hat. Und noch immer leben darin Menschen, die eventuell bald im Regen stehen werden, weil sie ohne rechtmäßige Kündigung keine andere Wohnung bekommen.

Und der Termin mit dem Investor, der nach wie vor namentlich nicht genannt werden will, sollte es möglich machen, über die Wünsche der Anwohner zu den Bauplänen des Hauses zu sprechen. Eigentlich. Doch dann kam die Nachricht, die der Investor erst auf dem Weg nach Milbertshofen erfahren haben will: Die Lokalbaukommission München (LBK) hat entschieden und gibt grünes Licht - das Boardinghaus kann gebaut werden. Die Empfehlung des Bezirksausschusses aus der jüngsten Sitzung, erst dann eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn klar ist, was mit den Mietern passiert, ist damit obsolet.

Mehrmals war das Thema Norderneyer Straße vertagt worden. Einmal könne man, so BA-Vorsitzender Fredy Hummel-Haslauer (SPD), um eine Fristverlängerung bitten. Diese sei gewährt worden, jetzt nicht mehr. Warum aber hat der Bezirksausschuss dann überhaupt so oft vertagt? Thomas Schwed (CSU) spricht von einer "erfolgreichen Verschleppung". Auch Anwohner und Mitglieder der Interessengemeinschaft Norderneyer Straße (IG) zeigen sich enttäuscht über die Entscheidung der LBK. "Nicht mehr nachvollziehbar" sei das alles, erklärt Michael Hübsch von der Interessengemeinschaft.

Obsolet wurde damit auch das Gespräch. Über Veränderungen der Bauplanung zu sprechen, ergab an diesem Abend keinen Sinn mehr, da man ja nicht wisse, ob die LBK in der Baugenehmigung bereits Auflagen gemacht habe. Dennoch will der Investor mit den Anwohnern sprechen und ihre Wünsche ernst nehmen. "Wir werden das gemeinsam besprechen und Wünsche einarbeiten, sofern sie nicht gegen die Baugenehmigung verstoßen", verspricht er den Anwohnern. Gespräche sollen folgen, sobald klar ist, wie die Baugenehmigung aussieht. Klar stellt der Investor auch, dass man ihm, wie schon mehrmals in Gesprächen vorgeworfen, keine Profitgier unterstellen könne. Er baue da etwas Gutes und Nachhaltiges für Familien - das lasse er sich nicht schlechtreden. Das Problem, die Mieter unterzubringen, sei nicht seines, sondern das des Noch-Eigentümers. Aber: Er arbeite ihm zu, und versuche, ebenfalls Wohnungen für die Mieter zu finden. Das allerdings sei sehr schwer, aber: "Wir werden keine Mieter auf die Straße setzen." Auch der BA will, auch wenn er nun keinen Einfluss mehr auf das Thema hat, trotzdem darauf schauen, was mit den Mietern weiterhin passiert.

Viele Fragen bleiben offen. Was passiert, wenn der Vermieter, der sich um die Unterbringung der Mieter kümmern muss, sein Haus nicht leer bekommt? Wie viel Geduld bringt der Investor auf? Hat der Investor im Vertrag Möglichkeiten festgeschrieben, auf den Besitzer Druck auszuüben, wenn das Haus zu einer bestimmten Frist nicht leer ist? Auf diese Fragen gab es am Dienstagabend keine Antwort. "Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich keine Vertragsinterna preisgeben kann", sagt der Investor. Wieder einmal heißt es also: Abwarten.

© SZ vom 10.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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