Milbertshofen:Bolzplatz ist noch im Spiel

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Geliebter Flecken: Die Stadt will an der Schmalkaldener Straße Wohnungen bauen. Doch Politik und Bürger wollen das Rasenstück unbedingt erhalten. (Foto: Florian Peljak)

Lokalpolitiker lehnen Bauprojekt auf Milbertshofener Wiese ab - Anwohner wollen eine Unterschriftenaktion starten

Von Nicole Graner, Milbertshofen

Sigrid Bülow ist im Haus an der Silcherstraße geboren. 55 Jahre lebt sie nun schon dort und kennt das Viertel wie ihre Westentasche. Wie auch den Bolzplatz an der Schmalkaldener Straße. "Hier haben schon meine Kinder Fußball gespielt", sagt sie. Ein gutes Gefühl sei es gewesen, die Jugendlichen dort in Sicherheit zu wissen. Der hohe Zaun habe verhindert, dass die Bälle oft auf die Straße geflogen seien. Sie habe aus ihrem Fenster mit Blick auf den Bolzplatz geschaut und ihre Kinder mit Freunden kicken gesehen. Aus diesem Fenster schaut sie heute noch immer - auch wenn ihre Kinder keine Tore mehr schießen. Dafür andere. Und auch viele Erwachsene. "Am Wochenende wird fast immer gespielt, abends manchmal sogar zweimal", sagt Bülow. Und ein beliebter Treffpunkt sei dieser Platz am Frankfurter Ring auch. Alles könnte also so schön sein.

Wenn es da nicht den Plan der Stadt München gäbe, genau auf dem Gelände des Bolzplatzes neue Wohnungen zu bauen. Die Gemeinnützige Wohnstättengesellschaft (GWG) will dort ein weiteres "Wohnen für alle"-Projekt umsetzen, und zwar wohl noch in diesem Jahr.

Das hat Sigrid Bülow auf den Plan gerufen und mit ihr viele andere. "Wir wollen den Platz erhalten", sagt sie. "Unbedingt!" Denn wo könnten Jugendliche in Milbertshofen denn noch ungehindert Fußball spielen? Entweder sei es verboten, oder die Wiesen im Viertel zu klein. Sie und ihre Mitstreiter haben sich also aufgemacht in die Sitzung des Bezirksausschusses Milbertshofen-Am Hart, haben mit klaren Worten deutlich gemacht, was sie von den Plänen der Stadt halten. "Es verschwinden immer mehr Grünflächen", sagte eine Anwohnerin. Aber genau diese seien so wichtig für die Jugendlichen. Außerdem brauche Integration Platz.

Die Lokalpolitiker hatten bereits in der April-Sitzung die Bebauung des Platzes abgelehnt. Doch dann kam der Vorschlag von Bündnis 90/Die Grünen, Bebauung und Bolzplatz miteinander zu vereinen, also das Fußballfeld weiter nach Osten zu verlagern - zwischen dem neuen und einem bereits bestehenden Gebäudekomplex. Bevor die Bebauung endgültig feststehe, habe man, erklärte Nicole Riemer (Grüne), nach einer Lösung gesucht, den Bolzplatz zu erhalten. Ein Ansinnen, das das Gremium aus zwei Gründen nicht goutierte: Der Vorschlag würde damit suggerieren, dass man generell nichts gegen eine Bebauung habe. "Wir brauchen dringend Wohnungen", erläuterte Stadträtin Jutta Koller (Grüne) zwar den Vorstoß. Es sei einfach eine Idee gewesen, um im Gespräch mit der GWG Alternativen aufzeigen zu können.

Diese Alternative sei "schlecht durchdacht", fand indes Claus Wunderlich (FDP). Er kritisierte die Verkleinerung des Bolzplatzes und die Lage. Schnell seien dann Bälle auf dem Frankfurter Ring. Sigrid Bülow hält ebenfalls nichts von der Idee, den Bolzplatz zwischen zwei Häuser zu zwängen. "Das ist absolut witzlos", sagt sie. Da müsste man den Platz "einkasteln", damit die Bälle nicht auf die Straße flögen. Vom Lärm einmal abgesehen, der jetzt überhaupt keine Rolle spiele. In den vielen Jahren habe es keine Beschwerden gegeben, außerdem schlucke der Frankfurter Ring Rufe von Fußballspielern auf dem Feld. Für CSU, SPD, Freie Wähler/ÖDP und FDP gab es dann auch nur ein Votum: den Bolzplatz erhalten, keine weitere Bebauung an der Schmalkaldener Straße.

Ein erster Schritt für Sigrid Bülow und ihre Mitstreiter. Auch wenn den Kämpfern für den Bolzplatz bewusst ist, dass sie mit der Stadt München einen starken Gegner haben, wollen sie weitermachen. Am Samstag, 18. Juni, von 10 bis 14 Uhr, werden sie am Bolzplatz Unterschriften sammeln. Auch soll Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) noch Post von den Aktivisten bekommen. Damit weiter gekickt wird, ein Treffpunkt erhalten bleibt - und Sigrid Bülow weiß, dass die Jugendlichen im Viertel einen Ort haben, der ihnen gehört. Ihnen, fußballbegeisterten Erwachsenen und dem runden Leder.

© SZ vom 17.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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