Messestadt Riem:Knackpunkt Rücklauftemperatur

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Heizt auch die Stimmung auf: die Geothermie-Anlage in der Messestadt. (Foto: Thomas Einberger)

Die Bewohner der Messestadt haben noch immer Probleme mit der Geothermie. Deshalb lädt das Bauzentrum zu einer Informationsveranstaltung mit der Bürgerinitiative, den Stadtwerken und einem Energieberater

Von Renate Winkler-Schlang, Messestadt Riem

Es ist ein Geschenk des Himmels, das sich in der Erde verbirgt - heißes Wasser, das mittels der Geothermieanlage in der Messestadt die Wohnungen und das Dusch- und Spülwasser der Bewohner wärmt. Laut den Stadtwerken ist die Anlage am Ostrand der Stadt "Deutschlands leistungsstärkste". Es ist aber auch eine, die schon manchen Ärger bei Nutzern und Kommunalpolitikern verursachte, vor allem Georg Kronawitter (CSU) begleitete das Projekt stets kritisch.

Pünktlich zu einer Infoveranstaltung am Wochenende ist Kronawitter nun offenbar ein kleiner Triumph im Clinch mit den Stadtwerken zugewachsen. Die Stadtwerke haben kürzlich eine Infobroschüre geändert - und zwar ganz in Kronawitters Sinne. Und das, obwohl Stadtwerke-Geschäftsführer Stephan Schwarz einen entsprechenden Brief an die Fernwärme-Kunden in der Messestadt kürzlich noch gerügt hatte.

Das Reizwort dabei heißt Rücklauftemperatur. Früher hatten die Stadtwerke behauptet, überhöhte Rücklauftemperaturen schädigten das Fernwärmenetz und insbesondere die Haushalte, die hinter denjenigen mit der zu hohen Rücklauftemperatur liegen. Kronawitter hatte darauf aufmerksam gemacht, dass sich diese Kunden wirtschaftlich nur selbst schädigen. In einem neuen Merkblatt haben die Stadtwerke die von Kronawitter angeprangerten Passagen weggelassen. Informiert haben sie ihn darüber nicht, weshalb der Kritiker von einer "heimlichen Aktion" spricht. Die Stadtwerke allerdings erklären, sie seien kein Jota abgerückt von ihrer Sichtweise. Die ältere Broschüre sei für Riem verfasst worden, die neuere, ohne den von Kronawitter monierten Passus, für Freiham. Erstere sei eine Infobroschüre für alle, zweitere eher aus Kundensicht, nur daher die redaktionellen Änderungen. Wenn die Rücklauftemperatur zu hoch sei, müsse eine größere Wassermenge durchs Netz, um dieselbe Energie zu transportieren, argumentieren die Stadtwerke. Betrage die Rücklauftemperatur 60 anstatt 45 Grad, sei schon um ein Drittel mehr nötig , da könne es dann schon zeitweise zur Unterversorgung kommen.

Doch Kampfschauplätze gibt es viel mehr. Auch Kronawitter weiß, wie wichtig es ist, dass das Wasser, das am De-Gasperi-Bogen mit 94 Grad hochgepumpt wird, deutlich kälter in die Erde zurückgepumpt wird, denn nur dann rentiert sich der Aufwand und profitiert die Umwelt.

Doch der Teufel steckt in der Messestadt im Detail. Die Stadtwerke haben nach Meinung auch der dortigen Interessengemeinschaft vertraglich eine niedrige Rücklauftemperatur von 45 Grad vorgeschrieben, noch ehe die Heizungstechnik in der Lage war, das heiße Wasser in Wärmetauschern wirklich so gut auszunutzen. Dann ließen sie die Kunden einige Zeit gewähren, als sie doch kontrollierten und auf Vertragserfüllung pochten, war die Gewährleistung der Anlagen meist abgelaufen, auf die Eigentümer kamen teils hohe Nachrüstkosten zu.

Die Stadtwerke hatten sich zudem das Recht ausbedungen, sich Zutritt zu den Anlagen zu verschaffen und selbst Begrenzer einzubauen. Die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens zweifelten Betroffene an. Es hatte aber auch unangenehme Folgen wie kühle Duschen und Wohnzimmer, die Bewohner bekamen zudem Angst, es könnten sich gefährliche Legionellen verbreiten. Zudem haperte es oftmals an der Kommunikation, von den Stadtwerken kamen zwar Forderungen, zunächst aber keinerlei Hilfestellungen.

Die Stadtteilzeitung take off widmete dem Problem eine ganze Nummer, der Bezirksausschuss stellte zahlreiche Anträge, dann endlich kam es zu einer gemeinsamen Veranstaltung. Bei der sagten die Stadtwerke Beratung zu, ließen aber in puncto Rücklauftemperatur nicht mit sich reden: Zwar darf sie im Sommer bei 55 Grad liegen, im Winter aber nur bei 40.

Kronawitter sieht einige Kritikpunkte: So sei etwa die Pumpe derart stark, dass sie sich auch im Sommer nicht komplett drosseln lasse, im Endeffekt eine Verschwendung. Im Winter sei es natürlich sinnvoll, das heiße Wasser gut auszunutzen und daher wenig Gas zum Zuheizen zu brauchen - doch das erhöhe am Ende den Gewinn der Stadtwerke, an dem die Kunden nicht beteiligt würden. Im Gegenteil, der Anbieter verrechne überall den Preis für fossile Brennstoffe wie Importkohle oder Gas - auch in der Messestadt. Die Kunden dort aber hätten keine Alternative, denn der Bebauungsplan verbiete die meisten anderen Arten, zu heizen.

Am Sonntag, 15. November, 13.30 bis 15.30 Uhr, gibt es im Bauzentrum an der Willy-Brandt-Allee 10 eine eigens auf die Messestadt zugeschnittene Infoveranstaltung zur Fernwärme: Ralf Burkert von der "Interessengemeinschaft Fernwärme in der Messestadt Riem" wird die Probleme schildern. Er hofft, dass die Stadtwerke sich auf die Betreiber der alten Anlagen zubewegen, Kronawitter meint, die Stadtwerke müssten die nötigen Umbauten mitfinanzieren. Dann kommt Peter Lindner von den Stadtwerken zu Wort und nach einer Diskussion am Ende der Energieberater Matthias Richter. Er referiert über die Optimierung der Heizungsanlagen für Fernwärme. Anmeldung unter der Telefonnummer 54 63 66 25.

© SZ vom 14.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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