Messestadt Riem:Bohrende Beschwerden

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Auch ein Informationsabend der Landesanstalt für Landwirtschaft in der Messestadt Riem zeigt, dass die Sorge der Bürger wegen des Laubholzbockkäfers nicht abnimmt - und der Widerstand gegen Fällungen bleibt

Von Sarah Obertreis, Messestadt Riem

Seit vielen Monaten kämpft die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) gegen einen Schädling im Münchner Osten. Vergangenes Jahr hat der Asiatische Laubholzbockkäfer (ALB) auch Bäume unweit der Messestadt befallen. Über die Konsequenzen des Befalls sprach die LfL mit Bürgern während eines Informationsabends.

"Wäre unser Ökosystem nicht in der Lage, mit dem ALB fertig zu werden, die Natur ist doch sehr erfinderisch?", erkundigt sich einer der Zuhörer, auf dessen Gesicht sich das Unverständnis der anderen spiegelt. Und Peter Nawroth, Leiter des Instituts für Pflanzenschutz der LfL, gerät zunehmend in die Defensive. "In China befällt der ALB jährlich 600 000 Hektar", sagt er ausweichend und fügt hinzu, dass die LfL den EU-Durchführungsbeschluss von Juni 2015 befolgen müsse, auf dem die Bekämpfungsmaßnahmen beruhen.

Jene Maßnahmen sind der Grund für die Frustration der Messestädter, Riemer und Waldtruderinger, die zum Informationsabend gekommen sind. Der ALB bohrt circa ein Zentimeter weite Gänge in die Stämme von Laubhölzern, die ihm als Nahrungsquelle und Eiablage dienen. Oft sind die Bäume nach den Attacken so stark geschädigt, dass sie absterben - die Schädlinge suchen sich das nächste Opfer und breiten sich aus.

In Mitteleuropa dauert es rund zwei Jahre, bis aus einem Ei ein ausgewachsener ALB geworden ist. Diese Entwicklung können die Käfer nachweisbar in 16 verschiedenen Laubbäumen durchlaufen; dazu zählen Ahorn, Birke oder Blasenesche. Diese 16 Arten gehören zu den 29 Wirtspflanzen, in denen sich der Laubholzbockkäfer vorübergehend oder dauerhaft einnisten kann.

Die am Abend anwesenden Bürger wohnen in einer Quarantänezone, welche die LfL erstmals im Jahr 2012 eingerichtet hat, als die Käfer in Feldkirchen Bäume befallen hatten. Am 8. Januar 2016 musste diese Quarantänezone ausgeweitet werden, denn auch in Haar und im Riemer Wald hatte sich der ALB breit gemacht. Die Quarantänezonen selbst sind in Befalls- und Pufferzone unterteilt. In der Befallszone werden in einem 100-Meter-Radius um den betroffenen Baum alle weiteren gefährdeten Pflanzenarten gefällt, was bei einer Dame Empörung auslöst - sie wohne ja nicht im Befallsgebiet, aber es könne doch nicht sein, dass dann alle Bäume gefällt werden müssen. Doch, das könne sein, antwortet Peter Nawroth.

In der zur Diskussion stehenden Pufferzone, die in einem Radius von 2000 Metern um die Befallszone verläuft, müssen keine Bäume gefällt werden, denn es wurde bisher kein ALB gefunden. Doch die Grundstückbesitzer müssen strenge Auflagen erfüllen. Das Transportieren und Entsorgen der 16 betroffenen Pflanzen ist ohne Genehmigung verboten. Falls die Bürger eine der 29 Wirtspflanzen auf ihrem Grundstück stehen haben, müssen sie die Gewächse alle zwei Monate auf einen möglichen Befall kontrollieren. "Mit Fernglas geht das am besten", rät Peter Nawroth einem skeptischen Bürger. Einen Befall erkenne man an Einbohr- oder Ausbohrlöchern, abgeplatzter Rinde oder Bohrspänen. Außerdem müssen die Bürger jeden Gehölzschnitt, den sie an einem der 16 spezifizierten Bäume vornehmen, der LfL melden.

Erst auf Nachfrage berichtigt Nawroth den Info-Zettel, den die Bürger in der Hand halten. Dort ist vermerkt, dass Schnitt und Entsorgung jeglicher Gewächse zu melden seien. "Wir haben es lediglich für das bessere Verständnis so allgemein gefasst", sagt Nawroth entschuldigend und erntet verständnisloses Kopfschütteln von den Besuchern.

Für die Bewohner der Quarantänezone in Neubiberg findet am Mittwoch, 13. April, von 19 Uhr an eine Informationsveranstaltung in der Gaststätte Leiberheim am Nixenweg 9 statt.

© SZ vom 09.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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