Maxvorstadt:Der Meister und sein Werk

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Erinnerung: Rolf Nida-Rümelin schuf die Stele, die 1958 vor dem Siemens-Gebäude aufgestellt wurde. (Foto: Baureferat)

Die Carl-Benz-Stele verlässt den Oskar-von-Miller-Ring und wird vor dem Verkehrszentrum auf der Theresienhöhe wieder aufgestellt - in unmittelbarer Nähe zum "Patent-Motorwagen Nr. 1" des genialen Erfinders

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt/Schwanthalerhöhe

Der Mann mit dem Hut und die Frau mit dem Sonnenschirm erregen ziemliches Aufsehen mit ihrem neumodischen Gefährt. Von einer "großen Zahl athemlos nacheilender junger Leute" berichtet im Sommer 1888 das Münchener Tageblatt. Carl Benz tuckert damals täglich mit seiner Erfindung, einem selbstfahrenden Motorwagen, durch München, auf dem Beifahrersitz seine Frau Bertha. Die Zeitgenossen finden die dreirädrige, selbstfahrende Kutsche ziemlich kurios. Sie ahnen damals wahrlich nicht, dass das Vehikel die Urform einer umwälzenden Neuerung ist: das Automobil.

Das Paar kurvte seinerzeit auch auf dem heutigen Oskar-von-Miller-Ring herum, einer von 24 "Patent-Motorwagen Nr. 1" steht heute im Verkehrszentrum des Deutschen Museums auf der Theresienhöhe. Es gibt auch ein Denkmal, das an die Patentierung dieser bahnbrechenden Erfindung erinnert - und dieses soll jetzt von der Grünfläche am Oskar-von-Miller-Ring zum Verkehrszentrum umziehen. Gute Idee, finden die Stadt, die betroffenen Bezirksausschüsse sowie Siemens und der Nachfahre des Künstlers, der das Denkmal schuf. Nur einer erhebt seine Stimme dagegen: Klaus Bäumler. "Das Denkmal bildet mit der dortigen Grünfläche und dem Altstadtring einen Nukleus der Münchner Stadtgeschichte", sagt der Vorsitzende des Arbeitskreises Öffentliches Grün im Münchner Forum und ehemalige Vorsitzende des Bezirksausschusses Maxvorstadt.

Das Denkmal ist eine Stein-Stele mit einem Relief und zeigt das Ehepaar Benz mit Hut und Sonnenschirm bei fideler Ausfahrt im Motorwagen. Geschaffen hat es Rolf Nida-Rümelin, der Vater von Julian Nida-Rümelin, ehemaliger Kulturstaatsminister und Ex-Kulturreferent Münchens. Die Erinnerungs-Stele wurde zur 800-Jahr-Feier der Stadt 1958 vor dem Siemens-Gebäude aufgestellt.

Derzeit aber ist sie in einem Depot eingelagert. Der Konzern errichtet sein neues Hauptquartier zwischen Altstadtring und Wittelsbacherplatz; ursprünglich sollte das Denkmal dann wieder am gleichen Platz aufgestellt werden. "Es hat keinen Bezug zum Umfeld und ist beim Verkehrsmuseum besser aufgehoben", sagte Thomas Braun in der Sitzung des Bezirksausschusses (BA). Der Eingangsbereich dort sei der geeignetere Kontext, denn dort könne das Denkmal in direkter Sichtbeziehung zum Original-Motorwagen aufgestellt werden. Braun ist Generalmanager für die Baustelle des Dax-Konzerns und gekommen, um sich für den Umzug des Denkmals das Plazet des Gremiums zu holen. Der BA Schwanthalerhöhe hat mit einem einstimmigen Votum das steinerne Dreirad bereits willkommen geheißen; einstimmig verabschiedeten sich nun die Kollegen in der Maxvorstadt davon. "Das leuchtet ein", sagte der Vorsitzende Christian Krimpmann (CSU), obgleich er und auch die anderen Gremiumskollegen eigentlich nicht begeistert waren, dass das Denkmal aus ihrem Viertel verschwinden soll. Krimpmann und Katharina Blepp (SPD) trugen den Wunsch vor, Siemens solle dafür ein anderes Kunstwerk aufstellen. "Irgendwas müssen Sie doch in petto haben", sagte Blepp. Braun versicherte, dass es "irgendetwas geben wird".

Bäumler indes will nicht irgendetwas. Krimpmanns rühriger Vor-Vorgänger im Amt des Bezirksausschuss-Vorsitzenden, den manche noch immer "Bürgermeister der Maxvorstadt" nennen, ist strikt gegen die Verlegung: "Es ist ein ganz besonderes Denkmal und es gehört an diesen Platz." Der Oskar-von-Miller-Ring sei ein Abschnitt der Stadt, an dem der autogerechte Ausbau Münchens dokumentiert sei, so Bäumler: "Genau an dieser Stelle hat das Carl-Benz-Denkmal ganz besonderen Wert."

Das Landesamt für Denkmalpflege kommt allerdings zu einer anderen Einschätzung. "Bei dem Carl-Benz-Denkmal handelt es sich nicht um ein Denkmal im Sinne des bayerischen Denkmalschutzgesetztes. Denkmalfachlich relevant ist allenfalls der neue Aufstellungsort im Nahbereich eines Baudenkmals, dem Verkehrsmuseum auf der Theresienhöhe", teilt die oberste Denkmalbehörde mit. Nach Auskunft des Baureferates sei die Verlegung vor das Verkehrsmuseum auf Anregung von Julian Nida-Rümelin angestoßen worden. Er ist Urheberrechtsnachfolger des Künstlers. Der Termin für den Umzug steht noch nicht fest.

© SZ vom 27.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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