Maxvorstadt:Warten auf den nächsten Schritt

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Die Münchner Nachbarschaftstreffs arbeiten erfolgreich, fordern aber eine Weiterentwicklung von der Politik

Von Hannah Schuster, Maxvorstadt

Die Münchner Nachbarschaftstreffs fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Das war kürzlich bei einem Gespräch des Sozialpolitischen Forums (SoPoFo) München zu hören - und zu sehen. Eingeladen dazu waren nämlich auch politisch Verantwortliche, im Publikum saßen aber fast ausschließlich "Treff-Leute", wie sie sich selbst nennen.

Wegen des großen Engagements war man sich in der Runde auch einig: Es läuft gut in den insgesamt fast 39 Nachbarschaftstreffs. Allerdings so gut, dass die Kapazitäten und die zur Verfügung gestellten Mittel eigentlich schon lange nicht mehr ausreichen. "Wir schwanken zwischen dem Erfolg und dem Desaster in der Ausrüstung", sagt Alexandra Ruzicka vom Verein für Sozialarbeit. "Es gibt einen Bedarf, den man aber nicht mehr beantworten kann." Ohne ehrenamtliche Helfer, so berichten alle Anwesenden, würde das Konzept nicht funktionieren. Aber "ehrenamtliches Engagement braucht Professionalität", merkt Johannes Seiser, Vorstand des Vereins für Sozialarbeit, an.

Immerhin eine halbe Stelle hatte der Stadtrat jedem Nachbarschaftstreff im Jahr 2015 bewilligt, dazu kommen noch 10 000 Euro für die Raumverwaltung. Der Beschluss ist laut Seiser "grundsätzlich richtig" gewesen, da er die Nachbarschaftstreffs stärkt, er gehe aber an der Realität vorbei. Mindestens eine Vollzeitstelle fordert Johannes Seiser deshalb. Der Beschluss hätte außerdem, so berichtet Seiser, Ende 2017 überprüft und gegebenenfalls angepasst werden sollen. "Das muss noch geleistet werden", sagt er.

Auch Bernd Schreyer, Organisator des SoPoFo-Talks, zeigt sich ratlos: "Wir brauchen eine Weiterentwicklung, aber die Politik schaut im Moment woanders hin." Die Politiker bekämen oft gar nicht mit, welche Probleme es gibt. Anja Huber war lange Zeit im Quartiersmanagement tätig und wird von den Anwesenden als "Pionierin der Nachbarschaftsarbeit" bezeichnet; heute leitet sie die Gemeinwesenmediation der Stadt. Sie weiß, wie schwer es ist, etwas zu verändern, "wenn man nicht die richtige Person an der Schaltstelle kennt". Johannes Seiser, dessen Verein selbst für zehn Treffs verantwortlich ist, sieht hier auch die Träger in der Verantwortung, "selbstbewusst auf die Politik zuzugehen".

Dafür braucht es auch Zusammenhalt: Die Träger sind gerade dabei, einen Verband zu bilden, um die gemeinsamen Interessen geschlossen vorbringen zu können. Im Moment bleibt den Treffs nur die Hoffnung, mit ihren Problemen irgendwann noch gehört zu werden. "In Politik und Verwaltung werden dicke Bretter gebohrt", sagt Johannes Seiser, "wir müssen dranbleiben!"

© SZ vom 11.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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